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Gibson Thunderbird 2018 Limited Run Test

“I don’t know where I’m going, but I sure know where I’ve been” Diese ersten Worte von Whitesnakes Klassiker “Here I Go Again” treffen wohl perfekt auf die momentane Situation der Firma Gibson zu. Der Gigant wankt und sieht derzeit einer sehr ungewissen Zukunft entgegen. Trotz unruhiger Fahrwasser liefert die Company aus Nashville aber uns Bassisten/innen die aktuelle Neuauflage eines Klassikers: den Gibson Thunderbird 2018 Limited Run. Gibson hatte nicht immer das glücklichste Händchen, wenn es um erfolgreiche Bassmodelle geht, aber der Thunderbird hat sich zu Recht einen Platz im Olymp der Rockbässe verdient. Sein markantes Design und sein unverwechselbarer Sound sind untrennbar mit der Geschichte des Rock verbunden. John Entwistle (The Who), Gene Simmons (KISS), Tom Hamilton (Aerosmith), Krist Novoselic (Nirvana), Nikki Sixx (Mötley Crue) … die Liste der Thunderbird-Player ist lang und strotzt nur so vor berühmten Namen. Optisch hat sich seit seiner Einführung im Jahre 1963 wenig getan, deshalb bin ich um so mehr gespannt, was das 2018er-Update an Neuerungen zu bieten hat.

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Details

Natürlich wurden die grundlegenden Zutaten beibehalten, diese ließen das Modell ja schließlich zum Klassiker werden – Tradition verpflichtet bekanntlich! Auffälligstes Merkmal ist sicherlich der durchgehende Hals aus Mahagoni. Zusammen mit den vier Einlagen aus Walnuss kommt er insgesamt auf neun Streifen. Dies trägt zur Stabilität wie auch zu einem differenzierteren Ton bei.

Fotostrecke: 4 Bilder Ausgefallene Formgebung und erdiger Rocksound, das sind die Zutaten beim Gibson Thunderbird.

Das Halsprofil wird seitens Gibsons als gerundet (rounded) beschrieben. Das kann letztlich alles heißen – persönlich würde ich es als kräftiges D einstufen. Auf dem Griffbrett aus Rosewood befinden sich 20 Bünde. Der verwendete Bunddraht wurde kryogenisch optimiert. (Wow, ich dachte nicht, dass ich solch einen Satz mal in einem Bass-Testbericht schreiben würde!) Dieser Effekt soll die Widerstandsfähigkeit erhöhen, also einer längeren Haltbarkeit zuträglich sein.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Mahagonihals ist durchgehend und besitzt vier Einlagen aus Walnuss.

Die Thunderbird-typische massive Kopfplatte, die in der markanten Welle endet, beheimatet die vier Grover Stimm-Mechaniken, welche in Reih und Glied in Richtung Spieler zeigend angebracht wurden. Flankiert wird der Hals des Donnervogels von zwei Korpusteilen aus Mahagoni. Diese Zutaten ergeben in der Summe das unverwechselbare Design des Thunderbird. Erhältlich ist der 2018er Limited Run in Ebony (Schwarz), Bright Cherry (Rot) und Vintage Sunburst. Letzteres ist auch das Finish meines Testkandidaten.

Zwei Humbucker sorgen für den typischen Sound. Sie sind aber nicht irgendwelche Humbucker, sondern ein T-Bird Rhythm in der Halsposition und ein T-Bird Lead als Bridge-Pickup. Das versprüht zugegebenermaßen ein gewisses Flair! Die Elektronik fällt ganz klassisch aus: pro Pickup gibt es einen Volumen-Regler sowie eine passive Höhenblende, welche für beide Tonabnehmer zuständig ist.

Fotostrecke: 5 Bilder Angefeuert wird der Donnervogel von zwei Humbuckern, …

Die für mich offensichtlichste Neuerung beim 2018er-Modell ist die sehr aufwendig konstruierte Brücke aus dem Hause Babicz, die nun auf ihrer gesamten Grundfläche Kontakt zum Korpus hat. Hier gab es ja im Verlauf der Jahrzehnte immer wieder Änderungen. Bleibt noch das dreilagige weiße Schlagbrett mit Thunderbird-Logo. Nicht zu vergessen sind die üppigen Beigaben mit hochwertigem Koffer, Multifunktionswerkzeug, Gurt und Zertifikat.

Fotostrecke: 4 Bilder Einer Überarbeitung wurde die Bridge unterworfen.
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Praxis

Zuerst fällt sofort das angenehme Gewicht des Testkandidaten auf: 3,9 kg sind für ein Instrument aus Mahagoni doch sehr moderat. Damit sollten längere Proben oder Gigs kein Problem darstellen. Das war aber auch schon alles, was es über Ergonomie zu berichten gibt. Rundungen und Shapings für Arm oder Bauch sucht man nämlich nach wie vor vergebens. Im Sitzen spielen ist möglich, aber nicht unbedingt komfortabel: Die erste Lage rückt relativ weit vom Körper weg und der Daumen der Anschlagshand findet eigentlich nur auf dem Halstonabnehmer wirklich Halt, da konstruktionsbedingt der Abstand der Saite zum Body und den Pickups deutlich größer als gewohnt ist. Klar kann man den Thunderbird mit etwas Eingewöhnungszeit so spielen, aber man merkt doch relativ schnell, dass dies nicht seine Schokoladenseite ist.

Ich weiß, das klingt jetzt im ersten Moment alles etwas negativ, ist es aber ganz und gar nicht. Der Thunderbird wurde nämlich eigentlich ausschließlich zu einem Zweck ersonnen: Um an einem langen Gurt in Kniehöhe zu hängen. So und nicht anders, und dazu am besten noch mit Plektrum gespielt! Man braucht sich einen Thunderbird nur anzuschauen und weiß sofort, auf was man sich einlässt. Hat man andere Erwartungen, ist man selbst schuld! Dieser Gibson spielt von Anfang an mit offen Karten und zeigt, was er ist: eine kompromisslose Rock-Maschine!

Noch liegt er friedlich schlummernd in seinem flauschigen Case ...
Noch liegt er friedlich schlummernd in seinem flauschigen Case …

Also aufstehen, den Gurt auf maximale Länge stellen, das Pick aus der Hosentasche und ab geht’s. Aufgrund der Position der Gurtpins kommt in dieser Haltung der Hals automatisch der Greifhand entgegen und es wird doch deutlich bequemer. Man darf hier natürlich keine von modernen Edelbässen gewohnte Bespielbarkeit erwarten, dazu sind das Design und die Konstruktion des Thunderbirds schlicht zu kompromisslos. Aber in Bezug auf einen richtig eigenständigen Charakter gibt es wohl wenige Bässe, die ihm das Wasser reichen können, und deshalb verzeiht man ihm gerne ein paar Schwächen. Zumindest ich tue das!

Insgesamt ist der Gibson Thunderbird 2018 sehr ordentlich verarbeitet, bei manchem Spaltmaß vielleicht nicht auf höchstmöglichem Niveau – also auch hier ein Hauch Rock’n’Roll. Die Befürchtung, dass Gibson aufgrund der derzeit komplizierten Lage den Rotstift in Sachen Qualität ansetzt, bestätigt sich beim Thunderbird somit nicht.
Der typische Thunderbird-Sound wird ja gerne mit Worthülsen wie “röhrend” oder “fauchend” beschrieben. Hören wir also mal, wie der 2018er Limited Run klingt und ob er die Gene seiner Vorfahren in sich trägt. Stilecht beginne ich mit Plektron, zunächst beide Pickups:

Audio Samples
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Beide Pickups, Plektrum-Style

Jetzt hört ihr den T-Bird Rhythmn (also den Hals-Pickup) alleine:

Audio Samples
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Hals-Pickup, Plektrum-Style

Und so klingt der T-Bird Lead solo:

Audio Samples
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Steg-Pickup, Plektrum-Style
Der Gibson Thunderbird ist eine kompromisslose Rockmaschine mit eigenständigem Sound und Charakter.
Der Gibson Thunderbird ist eine kompromisslose Rockmaschine mit eigenständigem Sound und Charakter.

Wie man gut hören kann, eignet sich der Bridge-Pickup nicht unbedingt für den alleinigen Betrieb, da er schlicht zu weit von den Saiten entfernt ist, um ein entsprechendes Signal abzugreifen. Ich musste im Mix schon ordentlich die Lautstärke nachregeln. Das liegt an der grundsätzlichen Konstruktion des Thunderbirds, ist auch so gewollt und auch Bestandteil seines charakteristischen Tons: Der T-Bird Lead dient alleine dazu, dem T-Bird Rhythmn etwas mehr Definition zu liefern.
Auch mit Drop-Tuning macht der Thunderbird eine gute Figur, hier wieder beide Pickups zusammen:

Audio Samples
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Beide Pickups, Drop Tuning

Und hier der T-Bird Rhythm alleine:

Audio Samples
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Steg-Pickup, Drop Tuning

Und so klingt der Thunderbird mit Fingern gespielt. Wieder starte ich mit beiden Tonabnehmern:

Audio Samples
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Beide Pickups, Fingerstyle

Hier der T-Bird Rhythm solo:

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Hals-Pickup, Fingerstyle

Und noch einmal das Ganze mit fast komplett geschlossener Höhenblende:

Audio Samples
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Hals-Pickup, geschlossene Höhenblende

Um einen kleinen Eindruck zu geben, wie brachial der Thunderbird mit einem Vollröhrenamp und Box klingen kann, gibt es hier eine kleine Kostprobe. Durch seinen hohen Output übersteuert er wunderbar den Preamp:

Audio Samples
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Basssound mit übersteuertem Preamp

Wo Thunderbird draufsteht, ist auch Thunderbird drin. Ich weiß nicht, ob beim 2018er-Modell auch etwas an den Pickups verändert wurde. Wenn ja, sind es subtile Updates, denn er klingt nach wie vor genau so, wie man es sich erhofft. Alle Sounds sitzen drückend und sehr präsent im Mix. Die Bandbreite ist nicht allzu groß, dafür aber zu jeder Zeit absolut authentisch. Einzig der Bridge Pickup ist im Solo-Betrieb nicht wirklich brauchbar. Der Abstand zu den Strings ist einfach zu groß, um ein tragfähiges Signal abzugreifen. Aber ein solches liefert der Thunderbird auf andere Weise, ob mit beiden Pickups oder allein mit dem T-Bird Rhythmn. Mit seinem kräftigen Output eignet sich der Thunderbird 2018 auch bestens dafür, Amps oder Verzerrer in den roten Bereich zu bringen.

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Fazit

Sexappeal, Kultstatus, Charakter, eigenständiger Sound ‑ dies waren die großen Stärken des Thunderbirds – und sind es auch beim 2018er-Modell. In allen diesen Kategorien räumt der Donnervogel die volle Punktzahl ab. Die prekäre Lage der Firma Gibson ist ihm absolut nicht anzumerken. Hier wurde ein grundsolider Bass behutsam einem Update unterzogen, so dass die Tradition weiterlebt und der unverwechselbare raue Charakter mit allen liebgewonnenen Ecken und Kanten erhalten bleibt. Allerdings sollte man wissen, worauf man sich einlässt, denn variabel und fein zeichnend ist der Thunderbird nicht. Auch die Bespielbarkeit ist aufgrund des Designs und der Konstruktion durchaus eigen. Aber auf diesen Gebieten will der Thunderbird auch gar nicht punkten. Er ist und bleibt einfach ein kompromissloser Rockbass, der nur zu einem Zweck gebaut wurde und voller Stolz nahezu jegliche moderne Annehmlichkeiten vermissen lässt. Er ist ein bisschen wie ein Oldtimer ohne Servolenkung, ohne elektrische Fensterheber, ohne Sitzheizung, ohne Fahrspur-Assistent – und erst recht ohne Airbags. Dafür besitzt er aber tonnenweise Charme und Charakter. Auch der Preis mit knapp 2000,- Euro geht für einen solchen Kultbass meiner Meinung nach in Ordnung.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Design, Optik
  • eigenständiger Sound/Charakter
  • hohe Kompromisslosigkeit
  • großer Kultfaktor
  • Gewicht
  • umfangreiches Zubehör
Contra
  • eingeschränkte Bespielbarkeit im Sitzen
  • Solosound Bridge-Pickup
Artikelbild
Gibson Thunderbird 2018 Limited Run Test
Für 1.349,00€ bei
Wer einen Thunderbird spielt, der weiß was ihn erwartet: ein kompromissloser Rockbass, der nur zu einem Zweck gebaut wurde: Rock, Rock, Rock!
Wer einen Thunderbird spielt, der weiß was ihn erwartet: ein kompromissloser Rockbass, der nur zu einem Zweck gebaut wurde: Rock, Rock, Rock!
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Gibson
  • Modell: Thunderbird 2018 Limited Run
  • Herstellungsland: USA
  • Mensur: 34 Zoll, Longscale
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni, Palisander-Griffbrett, 20 Bünde
  • Tonabnehmer: 2 x Gibson Humbucker (Rhythmn T-Bird, Lead T-Bird)
  • Brücke: Babicz Full Contact
  • Zubehör: Koffer, Gurt, Werkzeug
  • Gewicht: ca. 3,9 kg
  • Preis: 1.999,- (Ladenpreis im Juni 2018)
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Der Korpus besteht aus Mahagoni und wurde bei unserem Testmodell in Vintage Sunburst lackiert.

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