Ganz schön frech, die Jungs, aber uns soll es doch recht sein: Mit dem nFuse präsentieren Kiive Audio nicht nur einen, sondern gleich zwei aktuelle Bus-Processor als Software. Die Rede ist vom SSL Fusion und dem Rupert Neve Designs MBT – und zwar in einem Plugin, in dem man die verschiedenen Bearbeitungsstufen auch noch frei kombinieren kann. Sieht das Ganze nur so aus, oder klingt es auch tatsächlich wie die Originale?
Kiive Audio nFuse sind nicht zwei Plugins, sondern eins mit unterschiedlichen Modulen
Checkliste zum Kauf von Kiive Audio NFuse
Software-Plugin mit dem Sound von SSL Fusion und Neve MBT
Teil-Prozessoren kombinierbar
M/S, L/R und Stereo-Modes, Link für I/O
DETAILS
Overview Kiive Audio NFuse
Kiive Audio nFuse ist ein 64-Bit Plugin für die Formate VST(2/3), AU und AAX, das mit bis zu 16-fachem Oversampling arbeitet. Es orientiert sich an den beiden analogen Bus-Prozessoren SSL Fusion und Rupert Neve Designs Master Bus Transformer, die sich vor allem durch ihre Sättigungsstufen auszeichnen.
SSL Fusion “Hülle” mit Neve Saturation und Compression
Bei beiden handelt es sich um Hardware-Geräte, die wir auch bereits getestet und für sehr gut befunden haben. Den Fusion gibt es mittlerweile auch als Plugins von SSL selbst.
Der Clou daran: Man kann die einzelnen Sektionen im Neve- und SSL-Style untereinander kombinieren und vielfältiger regeln, beispielsweise L/R oder M/S. SSL Drive mit dem Neve Opto-Comp kombineren? Kein Problem! Ein offizielles Endorsement gibt es nicht, aber die Grafiken und der Name des Plugins sprechen für sich. Ob das mal nicht noch Ärger gibt?!
MBT “Hülle” mit SSL Saturation und Bus Compression
Rein und raus
„Entklammern“ wir das Ganze einmal: Um die „tatsächlichen“ Prozessoren in der Mitte tummeln sich eine Input-Sektion mit +/-24 dB Gain und ein variabler Low-Cut bis 20 kHz. Außen rechts finden wir den Output-Gain, ebenfalls mit +/-24 dB Gain, und einen Power-Schalter, der als Bypass dient. Input und Output lassen sich linken, wodurch der „Input-Drive“ auch ohne Pegelerhöhung funktioniert.
Die Verfügbarkeit der Parameter ist in etwa identisch – egal ob Fusion oder MBT. Man beachte den High-Ratio Taster beim Neve-Compressor und das kleine Schräubchen für den Sidechain-Filter beim SSL.
Links außen gibt es außerdem einen Umschalter zwischen N und F, wobei N natürlich für den Neve MBT steht und F entsprechend für Fusion bzw. die SSL-Charakteristik. Schaltet man um, ändert sich die Grafik inklusive verdrehter Rack-Schrauben. Cool!
Grundsound is’ da
Das Plugin macht auch schon ohne aktivierte Module der Mitte Sound. Unterschiede zwischen den Flavours gibt es in der Obertonstruktur und im Pegel. Der Fusion ist rund ein halbes Dezibel leiser, da sein aktiver Low-Cut auch ein halbes Dezibel „Bump“ mitbringt.
Anschließend geht es in das Saturation-Modul, das genau wie alle folgenden Module einen eigenen N/F-Umschalter und einen Bypass mitbringt. Es folgen ein einfacher Smiley-EQ und der üppige Compressor.
Die Imager beider Bus-Processor sind tatsächlich anders. Die Shuffle-Ergänzung der Fusion Plugins hätte ich allerdings auch hier gern gesehen.
Die drei Module – Saturation, EQ und Comp – lassen sich in der Reihenfolge ändern, wofür auch der SIGNAL CHAIN im oberen Bereich des Plugins dient. Hier findet ihr auch weitere Einstellungen zum Oversampling, dem L/R-, dem Stereo- und M/S-Verhalten sowie die Link-Modes. Anschließend folgt der Stereo-Spreader, dessen Prozessreihenfolge man leider nicht ändern kann.
Same same but different
Dem Connaisseur wird auffallen, dass sich die Prozessreihenfolge des Plugins nicht ganz so streng an den Originalen orientiert: Beim echten MBT findet die Sättigung beispielsweise als letzter Prozess vor dem Output statt.
Ferner gibt es im nFuse keine Trafo-Option wie beim SSL Fusion. Auch auf den HF-Compressor, der ziemlich geil ist, hat man hier verzichtet, dafür aber einen dicken SSL Bus-Compressor verpflanzt, inklusive SC-Filter. Der Neve Compressor hat ein Opto-Regelverhalten.
Dafür kann man jeden einzelnen Prozessor zwischen SSL und Neve Style umschalten. Module gleicher Art lassen sich innerhalb des Plugins aber nicht gleichzeitig verwenden. Schauen und hören wir uns die einzelnen Module doch einmal in der Praxis an.
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Kiive Audio nFuse in der Praxis
Disclaimer
Es wäre schon interessant, einzelne Module mit den Hardware-Originalen zu vergleichen. Leider besitze ich keinen SSL Fusion mehr und für den Neve MBT hat mir das Kleingeld gefehlt, zumal ich bereits zwei Shelfords mein Eigen nenne.
Ich kann mich aber gut erinnern, dass die SSL Fusion Pluginssehr nah an den Sound des Hardware-Originals herankamen, siehe Test. Der Drive klang in der Hardware allerdings einen Ticken besser. Außerdem kann ich mit Sicherheit sagen, dass der Neve MBT im Vergleich zum Fusion nochmal eine ordentliche Schippe „Edel-Klang“ drauflegt, was sich bei dem unverschämten Preis aber auch gehört. Und das war’s dann an dieser Stelle auch schon zum Thema Hardware vs. Software. Hören wir uns doch einfach mal an, was mit dem nFuse so möglich ist!
Audio
Samples
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Techno – DRYTechno – nFuse “Neve Style”Techno – nFuse “SSL Style”Techno – nFuse “SSL Style mit Neve Saturation”
Holla, die Waldfee! Das geht schon ordentlich nach vorne und ist ziemlich flink gemacht. Man kann nicht an jeder Stelle bis ins letzte Detail gehen, aber das braucht es eben auch gar nicht. Der Zweiband-EQ ist für mich an dieser Stelle beispielsweise vollkommen ausreichend.
Probleme sollten ohnehin vorher entfernt werden. Auch die beiden Kompressoren lassen sich gut bedienen. Sie sind zielstrebig und unterscheiden sich ausreichend im Regelverhalten. Und die Reihenfolge der Prozessoren lässt sich hier, im Gegensatz zur Hardware, einfach ändern. Schöner wäre es natürlich, man würde das auch grafisch umsetzten.
Schuld war nur der Bossa Nova
Bei der Techno-Nummer fällt allerdings direkt auf, dass der Fusion auf der Kick zerrt. Zuerst dachte ich, es sei der Buckel des Lowcuts, doch letztlich war der Drive Schuld – und der ließ sich auch nicht wirklich bändigen. Okay, pack ich halt den Neve-Drive an die Stelle. Der klingt auch einfach viel fetter.
Gut zu wissen auch, dass die Regler einer jeden Einheit unabhängig sind. So kann man beim Wechsel zwischen den N/F-Prozessoren für jeden eigene Reglerwerte wählen und besser vergleichen. Dazu ein weiteres Beispiel, um die beiden grundsätzlichen Geschmacksrichtungen zu identifizieren.
Wie wir bereits in den Details festgestellt haben, passiert im Plugin an einigen Stellen klanglich was, auch wenn man es nicht unbedingt sofort erkennt. Wir entsinnen uns: Der SSL Low-Cut etwa hat einen ordentlichen Buckel, bevor er abfällt. Der Neve hingegen ist absolut smooth. Ferner unterscheiden sich die internen Pegel, was ich nicht so gelungen finde. Wir wissen: Laut klingt immer besser und verarschen kann ich mich alleine.
Links seht ihr den Low-Cut aka Highpass-Filter des SSL, rechts den des Neve. Ich finde den Buckel beim SSL allerdings etwas zu dolle, zumal der SSL Drive auch noch recht drastisch ist
Ähnliches gilt für die Sättigungsstufe: Aktiviert man diese, obwohl keine Potis aufgedreht sind, gibt es bereits im Bassbereich einen Anstieg zu vermelden. Dabei handelt es sich um eine Art Tilt um die 180 Hz herum, der zunächst ein halbes dB nach oben und anschließend einen halbes dB nach unten arbeitet. Alles nicht schlimm, nur wäre es schon gut, das vorher zu wissen. Es macht ja auch Sinn, weil man mit den beiden eigentlichen Reglern ordentlich Obertöne reindreht und es ansonsten schnell harsch werden kann.
Aktiviert man die Saturation gibt es einen leichten Tilt-EQ – auch wenn alle Regler unten sind!
Linke Sache
Für Input und Output gibt es einen Link-Schalter: Dreht man den Input auf, geht der Output entsprechend runter und nur die Verzerrungen werden deutlicher. Bei starkem Einsatz muss man hier nur aufpassen, dass man sich kein Aliasing einfängt. Vermeiden kann man das aber gut mit üppigem Oversampling von 2x, 4x, 8x und 16x.
Oversampling kostet natürlich mehr Rechenleistung – und war in Ableton Live hin und wieder auch zickig. Sprich: Da kam dann spontan kein Audio mehr durch. Man kann das Problem beseitigen, indem man ein anderes Oversampling wählt und wieder zurückspringt. Die Software ist noch jung, verbuchen wir es unter frühem Bug. Apropos: Die Off-Led des Low-Cuts kann man auch anklicken – das hat aber kein Funktion, außer zu irritieren. Wird wohl auch ein Bug sein.
Beim EQ gibt es ebenfalls Wechselwirkungen, wobei der Input-Gain die EQ-Kurven dann einfach verstärkt. Theoretisch haben beide EQs unterschiedliche Arbeitsbereiche. Stehen die Regler aber optisch in etwa an derselben Stelle, ist das Ergebnis ziemlich gleich. Das Höhenband arbeitet dabei nur minimal anders und der Q unterscheidet sich leicht. Hören tut man das allerdings kaum.
Fast die gleichen Kurven bei fast den gleichen Reglerpositionen im EQ – obwohl die Werte/Beschriftungen etwas anderes vermuten lassen.
Das erinnert mich schon ein wenig an den ominösen „the Oven“ oder den Michelangelo EQ – beide „zaubern“ mehr, als unbedingt ersichtlich ist. Intuitive Menschen sollte das nicht weiter stören, Analysten wie mich irritiert es.
Schoko & Vanille
Die beiden Compressor-Typen unterscheiden sich nach dem Drive im Plugin am deutlichsten. Zu beachten gilt: Es gibt hier keinen HF-Compressor wie im echten Fusion, der schon auch was Besonderes war. Hier gibt es halt den SSL G-Comp aka Bus-Compressor. Zum Vergleich bekommt ihr auch dazu ein Beispiel.
Mir fällt auf, dass das Bus-Compressor-Plugin von SSL etwas breiter macht. Deshalb habe ich bei dem nFuse den Spread hinzugefügt. Hier hört man den Overall-Charakter des nFusion gut heraus, er klingt etwas tighter und nicht ganz so voluminös. Vergleichen wir doch noch ein bisschen mit den SSL Plugins.
Bei Max Drive Drums vergleiche ich den Drive – und stelle fest, dass die beiden Plugins, SSL und nFuse, zwar auch ähnlich klingen können, aber eben nicht gleich. Zum einen behält der SSL Fusion Drive die leichten L/R-Schwankungen besser bei und die Transienten kommen ebenfalls besser durch – bei gleichem Peak würde der nFuse also lauter klingen. Ich habe die Files dafür auf die „gefühlt gleiche“ Lautstärke gebracht. Der nFuse klingt in meine Ohren aggressiver und komprimierter. Im zweiten Drive-Beispiel drehe ich nun die Density auf null, wodurch beide Plugins komplett unterschiedlich klingen.
Ähnliches gilt für den „SSL-Style“ Stereo-Spread, der beim SSL Fusion Plugin mit seinem „Shuffle-Filter“ erweitert wurde. Egal, was man einstellt, die Plugins klingen nicht ähnlich. Der SSL wirkt für meine Ohren weniger breit, in seiner Räumlichkeit dafür authentischer. Der nFuse wirkt künstlicher, etwas schärfer und minimal Transienten-verschleifend. Der nFusion ist außerdem untenrum zu dick. Und auch die Dynamik ist eine andere – achtet besonders auf die Snare. Der nFuse ist da mehr so „patsch“, während der SSL mehr „pakk“ macht. Und ja: Das Shuffle-Filter des SSL haut nochmal ordentlich drauf.
Was sind die Alternativen zum Kiive Audio NFuse ?
Ganz klar: Die Originale. Entweder der Neve MBT, der SSL Fusion – oder vielleicht gleich beide? 🙂
Alternativ kann ich den Michelangelo EQ als Plugin wärmstens empfehlen, der detaillierter zu Werke geht und sogar erhabener klingt, genau wie die Hardware. Ebenfalls nicht uninteressant, aber preislich eher für die Abo-Leute interessant: Die SSL FusionPlugins von SSL selbst. Mit denen ist man hinsichtlich des Routings auch nochmal flexibler und es gibt ein paar mehr Optionen.
Hendyamps Michelangelo: Ein All-Tube EQ als fettes VST-Plugin. Tone Projects liefert ein Equalizer & Saturator für Feinschmecker, aufgebohrt zum Dynamic-EQ!
SSL vierteilt den Fusion! Mit dem SSL Fusion Vintage Drive und den SSL Image Stereo gibt es annähernd die Hälfe der Hardware als Plugin für die DAW! Lohnt das?
Vier von fünf Colours wären beisammen und Fusion damit fast komplett: Nach Vintage Drive und Stereo Image liefert SSL nun auch den HF Compressor und Violet EQ als Plugin!
The Circle is complete – und die Fusion Plugins vollzählig. Der Transformer simuliert den Übertrager und auch etwas Drive der Hardware-Unit. Kann das was?
27.01.2022
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Das Kiive Audio nFuse Plugin ist ein weiteres tolles Saturation-Plugin, das auch noch einen Compressor und Stereo-Spread beinhaltet – sogar jeweils in zwei Geschmäckern und das für unter 100 Euro. Mit gefällt der Neve Sound durch die Bank weg am besten, und da es hiervon noch überhaupt kein Plugin gibt: richtig gut! Schade ist indes, dass des SSL HF-Compressor fehlt. Einen Bus-Comp brauch ich dafür nicht – davon hab ich schon 20. Letztlich bleibt die Zerre aber wie bei vielen Plugins auch etwas statisch und man muss vor allem aufpassen, es damit nicht zu übertreiben, zumal der SSL Drive hier auch etwas aufdringlich ist. Die Schnelligkeit, mit der man dieses Plugin allerdings bedienen kann, ist äußert bemerkenswert – aber auch kein Hexenwerk, schließlich hat man bei den besten der Branche ohne Skrupel geklaut. Wie die Originale klingt es hier zwar nicht zu 100%, aber trotzdem klingt das Plugin verdammt gut. Dafür ist der Preis absolut angemessen und das Plugin somit ein echter Tipp! Und wer weiß, vielleicht kauft man sich ja auch auf Grund des Plugins auch noch die Originale ?!
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
tolle “Neve MBT Purple Style” Saturation
Fusion & MBT Module kombinierbar
flexibles Routing, L/R & M/S Modes
Contra
kein Dry/Wet beim SSL Compressor
kein SSL HF-Compressor
Kiive Audio NFuse Test
Kiive Audio nFuse ist nicht zwei Plugins sondern eins, und dies mit unterschiedlichen Modulen!
Features
Saturation Plugin im Neve MBT und SSL Fusion Style
I/O-Sektion zwischen Neve und SSL umschaltbar
Teil-Prozessoren umschaltbar, womit Neve und SSL kombinierbar wird
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