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Knaggs Steve Stevens Creme Test

Die Knaggs Steve Stevens Signature II wurde nach den Spezifikationen von Steve Stevens gebaut und erinnert in Form und Pickup-Bestückung an die gute, alte Les Paul. Doch das ist nur ein erstes oberflächliches Statement – unser Test wirft einen Blick hinter die Kulissen.

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Die Köpfe hinter Knaggs Guitars sind Joe Knaggs und Peter Wolf, beide langjährige Mitarbeiter von Paul Reed Smith. Joe Knaggs, ein erfahrener Gitarrenbauer, war knapp 25 Jahre lang neben Paul Reed Smith maßgeblich für die Entwicklung der Private Stock Instrumente zuständig. Die Qualität und letztendlich auch der Erfolg vieler PRS-Instrumente zeigt seine Handschrift. Peter Wolf organisierte den PRS-Vertrieb in Deutschland von 1986 – 1990 über den Koblenzer Musikladen Prosound und ab 1990 mit seiner eigenen Firma PRS Guitars Germany. Ab 1998 baute er den weltweiten PRS Vertrieb auf und arbeitete nach seinem Umzug in die USA zunächst als Sales Manager und später als Direktor of Global Sales & Marketing bis zu seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen im Jahr 2009. Nach den vielen erfolgreichen Jahren bei PRS war es für ihn an der Zeit, sich wieder einem eigenen Unternehmen zu widmen und 2009 war es dann soweit. Zusammen mit Joe Knaggs und einer zehnköpfigen Crew wurde die Firma Knaggs Guitars ins Leben gerufen.
Mit im Boot war auch John Ingram, der 1985 zusammen mit Paul Reed Smith dessen Firma gegründet hatte. Doch der Anfang war inmitten der Finanzkrise alles andere als leicht, weil Kredite nur schwer zu beschaffen waren. Nachdem die letzten Hürden genommen waren, zog das frisch gebackene Unternehmen 2010 in die ehemalige Globe Factory in Greensboro Maryland ein, wo in den 40er Jahren Baseballhandschuhe hergestellt wurden.

Wie unterscheiden sich Knaggs Gitarren von PRS Gitarren?

Obwohl in dem jungen Unternehmen alleine schon durch Joe Knaggs jede Menge Know How steckt, sind die Instrumente keine Kopien des vorherigen Arbeitgebers. Die Unterschiede zwischen den beiden Gitarrenfirmen sind bis auf den hohen Qualitätsanspruch sehr groß. Im Unterschied zu PRS verwendet Knaggs Guitars ausschließlich klassische Mensuren, wie die 25.5″ (640mm) für die Chesapeake- und 24.75″ (628mm) für die Influence-Serie, also die Maße von Fender und Gibson. Viele Brücken sind Custom-designt, um die Saitenschwingung möglichst effektiv in die Mitte des Korpus zu übertragen. Die Halswinkel sind ebenfalls anders als bei PRS, was nicht nur den Klang, sondern auch den Spielkomfort sehr stark beeinflusst. Auf die bei vielen PRS-Produkten leichte Betonung der oberen Mitten hat man ganz bewusst zugunsten eines klareren Klangbildes verzichtet. Neben den klanglichen Unterschieden bietet Knaggs Guitars auch eine optisch größere Vielfalt als es bei den Instrumenten von Paul Reed Smith der Fall ist. Instrumente mit fenderartigen Kopfplatten, bei denen sich alle Mechaniken an einer Seite befinden, sind genau so Standard wie solche mit drei Mechaniken pro Seite.

Das Ergebnis einer Teamarbeit der besonderen Art: Steve Stevens Signature Gitarre
Das Ergebnis einer Teamarbeit der besonderen Art: Steve Stevens Signature Gitarre

Der Gitarrenhexer von Billy Idol gehört seit den 80er Jahren zu einem der angesagtesten Saitenquälern des Planeten und könnte sich von jedem Gitarrenhersteller ein Signaturemodell auf den Leib schneidern lassen. Aber wie kommt ein junges Unternehmen wie Knaggs Guitars an so einen “alten Hasen” wie Steve Stevens? Peter Wolf und Steve Stevens kennen sich bereits seit 31 Jahren, also zu Zeiten, als Peter noch bei Hamer arbeitet und Steve noch Hamer-Gitarren spielte. Er holte den Flitzefinger 1984 erstmals auf die Musikmesse nach Frankfurt und aus gegenseitigem Respekt entwickelte sich allmählich eine Freundschaft. Als Hamer an Kaman verkauft wurde, wechselte nicht nur Peter Wolf zu PRS. Auch Steve Stevens legte seine Hamer-Gitarren beiseite und spielte eine zeitlang die Gitarren von Paul Reed Smith. Dann trennten sich die beruflichen Wege, bis 2011 der Kontakt wieder enger wurde und man sich gemeinsam an die Entwicklung eines Signature Modell heranwagte. Für 2015 hat man nun ein Update der Edelgitarre herausgebracht.

Details

Der Korpus

Unser Testobjekt wirkt auf des ersten Blick wie ein Zwischending von Les Paul und einer Gretsch White Falcon, was zum großen Teil an der Farbe, der vergoldeten Hardware und der ebenfalls weißen Kopfplatte liegt. Dabei orientiert sich die Form des Korpus sehr stark an der einer Les Paul. Ich habe zum Vergleich meine Customshop Les Paul hinter die Steve Stevens Signature Gitarre von Knaggs Guitars gestellt. Im Gegensatz zur Les Paul sind der Cutaway und die Zarge oberhalb des Kippschalters ausladender gestaltet, der Korpus ist insgesamt etwas dünner. Aber eine Ähnlichkeit lässt sich kaum verleugnen. Der Body besitzt an der oberen Zarge und am Cutaway ein dezentes Shaping, wodurch die Gitarre angenehm zu spielen ist. Der deckend weiß lackierte Korpus ist mit einer leicht gewölbten Ahorndecke versehen, die auf den Mahagonikorpus aufgeleimt ist. Dieser klassische Holzmix sollte Garant sein für einen fetten Ton mit knackigem Obertonverhalten, immerhin gilt er als eine der bewährtesten Tonholzkombinationen für E-Gitarre überhaupt.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Korpus der Steve Stevens Signature setzt auf ein bewährtes Team: Mahagoni-Basis und Ahorn-Decke

Optisch ist die Gitarre ein wahrer Leckerbissen. Das Binding passt sehr gut zur weißen Lackierung und zur vergoldeten Hardware. Auch die in Schwarz gehaltenen Potiknöpfe und Pickuprahmen setzen sich geschmackvoll vom weißen Korpus ab. Apropos Pickuprahmen: Als kleines Schmankerl besitzt die Gitarre ein im Pickuprahmen des Steghumbuckers untergebrachtes chromatisches Stimmgerät der Firma Shadow. Mit einem kleinen Drucktaster am Rahmen wird das Stimmgerät aktiviert und man kann zwischendurch das Tuning checken, ohne Kabel und Stimmgerät auspacken zu müssen.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Gitarre ist mit zwei Humbuckern motorisiert

Die Tune-O-Matic Bridge inklusive Stop Tailpiece ist ebenso wie die Pickupkappen und die Mechaniken vergoldet. Sowohl auf den Pickupkappen als auch auf der Kopfplatte befindet sich eine eingravierte stilisierte Strahlenpistole. Die sogenannte Ray Gun ist eine Reminiszenz an einen Effektsound aus dem Solo von “Rebel Yell”, der damals bei den Aufnahmen im Studio mithilfe eines Lexicon PCM 41 realisiert wurde. Heute benutzt Steve Stevens dafür eine chinesische Spielzeug-Strahlenpistole, die sich Live auch besser in die Bühnenshow integrieren lässt als ein 19-Zoll-Rackeinschub. Auf der Rückseite finden sich die Abdeckungen des Elektrofachs und des Pickup-Wahlschalters.

Fotostrecke: 4 Bilder Tune-O-Matic Bridge und Stop-Tailpiece

Der Hals

Alle Instrumente aus dem Hause Knaggs Guitars haben eingeleimte Hälse für eine bestmögliche Klangübertragung. An Materialien kommt beim Steve Stevens Signaturemodell die bewährte Mahagoni/Palisander-Kombination zum Einsatz, die man auch von der Les Paul und von Fender-Gitarren her kennt. Alle Hölzer sind handselektiert und sorgfältig aufeinander abgestimmt. Die SS-Custom-Halsform ist speziell auf die Hände des Meister zugeschnitten und befindet sich irgendwo zwischen einem C- und einem U-Profil. Somit bietet der Hals zwar eine gewisse Masse, ohne jedoch zu mächtig daherzukommen. Der Ton ist entsprechend sustainreich mit einem ausgeglichenen harmonischen Klangspektrum ohne irgendwelche Deadnotes. Selbst in hohen Lagen klingen die Noten fett und gleichmäßig, was durch die exzellente Verarbeitung der Medium-Jumbo-Bünde begünstigt wird.

Fotostrecke: 5 Bilder Die hohen Lagen lassen sich sehr gut erreichen

Das sorgfältig eingefasste Griffbrett ist ebenso tadellos verarbeitet wie der Knochensattel. Der Übergang zum Korpus am 17ten Bund ist zwar nicht komplett abgerundet, trotzdem merkt man ihn kaum, wenn man in die oberen Lagen wechselt. Die abgewinkelte Kopfplatte ist mit weißem Perlmutt belegt, also dem gleichen Material wie die Blockeinlagen, die sich nicht mittig, sondern am Griffbrettrand befinden. Kleine weiße Punkte auf der dem Spieler zugewandten Halsseite helfen zusätzlich bei der Orientierung. Die vergoldeten Mechaniken stammen von Groover und arbeiten reibungslos und zuverlässig.

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Praxis

Praxis und Sound

Alle Testgitarren kommen bei mir zuerst einmal mit ins Wohnzimmer. Hier kann ich mich eine Weile ohne Amp auf das jeweilige Instrument einstellen. Die Gitarre hat ein mittleres Gewicht und lässt sich hervorragend bespielen. Ab Werk ist sie vorbildlich eingestellt und der unverstärkte Ton präsentiert sich durchschnittlich laut und sehr ausgeglichen. Trotzdem lässt er zunächst einmal nicht auf die klangliche Vielseitigkeit schließen, die über den Verstärker möglich wird. Das ist allerdings nicht der alleinige Verdienst der Tonabnehmer, denn unangenehme oder störende Frequenzen sind schon im Primärklang nicht enthalten. Viele Leute glauben, das Les-Paul-artige Gitarren keine Höhen haben dürfen. Dabei braucht man ein ausgereiftes, aber nicht überzüchtetes Obertonspektrum, damit der Ton überhaupt atmen kann. Auf der anderen Seite muss er fett unterfüttert sein, um nicht zu dünn und zirpig daherzukommen. Genau das bietet mein Testkandidat in beeindruckender Perfektion.
Kommen wir zum Sound am cleanen Amp. Der Ton ist klar und knackig, ohne zu mulmen, und man nimmt schon sehr gut die perfekt dosierte Brillanz und das außergewöhnliche Sustain der Testgitarre wahr.

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Clean – Steg Pickup

Beide Pickups in Kombination erinnern am cleanen Amp an eine fette Telecaster. Der Ton ist wegen der beiden Humbucker zwar wesentlich runder, aber dank des wohldosierten Twangfaktors hat die Gitarre immer einen knackigen Anschlag, der dem Ton ein lebendiges Obertonspektrum gibt.

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Clean – Beide Pickups

Mit dem Halspickup generiert unsere Kandidatin dank des ausgeglichenen Primärklangs am cleanen Gitarrenamp Sounds, die man einer Humbuckergitarre so nicht zutrauen würde. Trotz der eher hohen Ausgangsleistung der Bare Knuckle Humbucker hat der Ton hier fast schon P-90 Qualitäten.

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Clean – Hals Pickup
Fotostrecke: 2 Bilder Klar, dass ein solches Schmuckstück in einem hochwertigen Koffer ausgeliefert wird

Auch im verzerrten Bereich weiß das Steve Stevens Signature Modell von Knaggs Guitars zu überzeugen. Trotz des hohen Ausgangspegel ist der Ton offen und wirkt weder komprimiert noch hart. Eine bluesige, leichte Anzerrung ist trotzdem nur bedingt möglich, stattdessen sind kantige Classic Rock-Riffs besonders gut zu realisieren.

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Medium Gain – Steg Pickup

Schaltet man mit Medium Gain auf den Halstonabnehmer um, bleibt dieser Eindruck erhalten. Sowohl Ton als auch Verzerrungsgrad lassen sich mit dem Anschlag sehr gut steuern und dank der offenen Wiedergabe kommen auch Licks in tiefen Lagen klar und unvermatscht aus dem Amp.

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Medium Gain – Hals Pickup, dynamischer Anschlag

Kommen wir zu den High-Gain-Sounds. Hier kann die Gitarre absolut glänzen, gerade weil sie keinen statischen Klischee-Metalsound liefert. Der angenehme Twäng beschert dem Spieler einen lebendigen Ton, der allerdings auch jede spielerische Ungenauigkeit gnadenlos offenlegt. Dabei ist der Klang sowohl beim Solieren in hohen Lagen als auch bei Powerchords absolut ausgeglichen.

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High Gain – Steg Pickup, Solo

Mit viel Zerre generiert der Halspickup problemlos einen saftigen Gary Moore Ton. Egal, wie viel Gain man hineindreht, man hört das Holz und den Anschlag immer gut durch und der Sound bleibt immer transparent. Beherrscht man die entsprechende Technik, werden schnell gespielte Noten durch den knackigen Anschlag immer perfekt getrennt.

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High Gain – Hals Pickup, Solo
Noch irgendwelche Fragen?!
Noch irgendwelche Fragen?!
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Fazit

Die Steve Stevens Signature Gitarre von Knaggs Guitars ist ein absolutes Sahneschnittchen. In punkto Qualität habe ich bisher, abgesehen vielleicht von den High-End-PRS-Gitarren, kaum etwas besseres in Händen gehalten. Im Grunde genommen hat man es hier mit einer Traum-Les Paul zu tun, an deren klangliches Facettenreichtum zumindest meine Les Paul aus dem Gibson Custom Shop nicht heranreicht. Obwohl runde 4500 Euro nicht gerade wie ein Schnäppchen klingen, halte ich das Preis-Leistungsverhältnis in Anbetracht der Qualität und des außergewöhnlichen Klangverhaltens für angemessen.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Bespielbarkeit
  • Soundvielfalt
  • transparenter Klang
  • überdurchschnittliches Sustain
  • Stimmgerät in der Pickupkappe
Contra
  • Keins
Artikelbild
Knaggs Steve Stevens Creme Test
Für 4.698,00€ bei
Tja, was soll man sagen? Hier stimmt wirklich alles. Wenn nur das liebe Geld...
Tja, was soll man sagen? Hier stimmt wirklich alles. Wenn nur das liebe Geld…
Technische Spezifikationen
  • Modell: Steve Stevens Signature II 2015
  • Korpus: Mahagoni
  • Decke: Ahorn
  • Hals: Mahagoni
  • Griffbrett: Palisander
  • Einlagen: Block
  • Sattel: Knochen
  • Halsprofil: SS Custom
  • Griffbrettradius: 12″
  • Bünde: 22 Medium
  • Mensur: 628 mm
  • Tonabnehmer: 2 Bare Knuckle Steve Stevens Humbucker
  • Regler: 2 Volumen- und 2 Tonregler
  • Bridge: Tune-O-Matic
  • Schalter: 3-Wege Toggle-Switch
  • Hardware: Gold
  • Seriennummer: #2
  • Farbe: Creme
  • Besonderheiten: Chromatischer Tuner im Stegpickuprahmen
  • inkl. Original Koffer
  • Preis: 4444,00 Euro
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Der Korpus der Steve Stevens Signature setzt auf ein bewährtes Team: Mahagoni-Basis und Ahorn-Decke

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