TC Helicon Voicetone D1 Test

Der Einsatz von Vocal-Prozessoren im Bühnenbetrieb reizt zwar viele Sänger und Sängerinnen, doch erscheinen ihnen die Einstellmöglichkeiten üblicher Geräte oft komplizierter als die Bedienungsanleitung für ein Atom-U-Boot. Das ist natürlich maßlos überarbeiteten, denn mit der Investition von ein wenig Zeit, Fleiß und Hirnschmalz lässt sich auch ein vermeintlich undurchschaubares und nicht zu bändigendes Gerät wie der “große” TC Helicon Voicelive zähmen.

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Wer jedoch von vornherein weiß, dass er nicht viel mehr nutzen möchte als ein paar „Vocalisten-Standardeffekte“ (wie etwa Oktavierungen und Thickening), der wird möglicherweise zum TC Helicon Voicetone D1 schielen, denn dieser bietet genau diese Standards bei einfachster Bedienbarkeit. Wer dann noch ein wenig weiter schielt, wird schließlich auch noch einen erstaunlich günstigen Preis entdecken. Doch da es bei der Bewertung von Effekten in erster Linie auf die Ohren ankommt, wollen wir die Augen in unserem Test ein wenig vernachlässigen.

DETAILS

So ganz unwichtig sind Augen beim Gerätekauf dann aber doch nicht, weshalb sich die Marketingabteilung der Dänen für eine konsequente Farbgebung der verschiedenen Geräte innerhalb der Voicetone-Serie entschieden hat. Die viel diskutierte Koalition zweier deutscher Parteien stand sicher nicht Pate, doch macht sich schwarz-grün als Farbkombination zumindest auf dem Bühnen- und Proberaumboden ziemlich gut. Dabei findet man das Schwarz des Metallgehäuses und der Regler bei allen Voicetone-Geräten, Grün – die Farbe der Gummi-Standfläche und der Designelemente – kennzeichnet den D1 innerhalb der Bodentreter-Serie.

Die Bedienelemente des mit einem externen Steckernetzteils zu versorgenden Geräts sind schnell abgefrühstückt – was ihr euch sicher schon anhand der Fotos zusammenreimen konntet. Oberhalb des obligatorischen Fußschalters warten nur zwei Regler auf ihren Einsatz: Links können die acht unveränderbaren Presets umgeschaltet werden, rechts das Verhältnis zwischen prozessiertem und unbearbeitetem Signal. Das war´s im Grunde.
An der linken Flanke versteckt sich noch ein Gain-Regler für das am rückseitigen XLR anliegende Signal. Ganz auf Null gestellt, kann Line-Level verzerrungsfrei bearbeitet werden, die 48V-Phantomspeisung für Mikrofone liegt jedoch an, sobald der D1 mit Spannung versorgt wird. Wer möchte, kann die Mic-Control-Funktion bei Nutzung des speziellen TC-Helicon-Mikrofons verwenden – aktiviert wird sie über einen Druckknopf an der rechten Seite. Über ein XLR-Männchen verlässt ein Line-Level-Signal den kleinen Bodentreter. Ein USB-Anschluss macht auch die Beschreibung der Ein- und Ausgänge komplett, doch zu viel erwarten darf man von ihm nicht: Editierungen, Dumps und dergleichen sind nicht vorgesehen. Auch die letzten beiden Details sind schnell erklärt: Eine mittige LED in Rot zeugt von der Aktivität des Effekts, eine zweifarbige im Nordosten des Gehäuses indiziert den anliegenden Eingangspegel in äußerst einfacher Art und Weise (grün: “jou, da is’ was” – rot “das is jetzt ‘n bisschen viel”). 
Der Frequenzgang des kleinen Geräts wird im “Handbuch” (in Wirklichkeit kein Buch, sondern ein kleiner Zettel) mit 20 Hz – 20 kHz angegeben (Toleranzbereich: +0/-0,3 dB), das Rauschen mit -126 dBu. Über die Anzahl genommener Samples pro Sekunde erfährt man nichts, was aber auf den Standard 44,1 oder 48 kHz hindeutet.

PRAXIS

Eigentlich ist es müßig, Worte über den Aufbau oder die Bedienung des TC Helicon Voicetone D1 zu verlieren. Zwei Kabel gesteckt, Spannungsversorgung angeschlossen, eingepegelt –und ab geht die Kiste. Ein beherzter Tritt auf den Fußtaster jagt das Mikrofonsignal durch das Processing, der linke Wahlschalter ermöglicht das Durchhören der Presets. Selbst wer “Dry/Wet” nicht kennt, versteht den Zusammenhang sofort –die Bedienung ist also wahrlich “idiotensicher”. Es ist selten, dass man in einem Produkttest alle Presets zu hören bekommt –bei nur acht an der Zahl natürlich kein Kunststück. Einige dieser Voreinstellungen arbeiten mit Oktavierungen, doch schon beim verhältnismäßig simplen “Oct. Up” und “Down” sind es zwei zusätzliche Stimmen, die generiert werden. Außerdem scheinen diese leicht gegeneinander verstimmt zu sein, sodass der Effekt durch die Schwebung recht “dick” wirkt. Das “Shout”-Preset liefert die hohe und die tiefe Oktave zur Originalstimme. Wer also die Pforten der Hölle aufstoßen will: Hier geht’s lang! “Tight”, “Loose” und “Detune” sorgen für eher verhaltene Effektierung, wohingegen “Group” und “Thick” für deftige Verbreiterung sorgen können.

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Auch ohne beherzten Zangengriff in die Lendengegend des Sängers sind ihm erstaunlich hohe Töne zu entlocken –dank des D1-Presets “Oct. Up” wohlgemerkt. Die hinzugefügte obere Oktave “verschluckt” sich aber im Beispiel etwas, das kann leider unangenehm auffallen. Abhilfe könnte möglicherweise die Veränderung einiger Parameter (besonders des Portamentos) bringen. Allerdings wird das dem User leider nicht ermöglicht. Alle Soundbeispiele sind übrigens mit dem Dry/Wet-Regler in Mittelstellung gemacht – außer natürlich, es ist anders vermerkt. Im Regelfall wird sicherlich das Originalsignal überwiegen, was Angesprochenes weniger auffällig sein lässt, “Group” ist ebenfalls ein geeignetes Beispiel dafür. Bei “Shout” wird man jedoch gerne eine sehr “wette” Einstellung wählen, sodass die Ungenauigkeiten eben doch auffallen. Doch hier folgt eine erneute Beruhigung eurer möglicherweise vorhandenen Ängste um die Qualität: Im Live-Betrieb wird das sehr wahrscheinlich niemandem negativ auffallen. Außerdem haben andere Geräte exakt die gleichen Probleme. Wichtig ist, dass die generelle Klangqualität den Ansprüchen an einen Vocal-Pitcher unserer Zeit gerecht wird. Alles in Butter also.

Audio Samples
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Oct. Up wet Oct. Up Oct. Down Shout Group Group wet Thick Detune Loose Tight Tight wet

“Thick” zeigt einen deutlichen Kammfilter bei einer 50%-Dry-Einstellung. Besonders bei Sängern, die ihre Pitch konstant halten können, wäre es schön, die Tonhöhe erzeugter Stimmen etwas stärker modulieren zu können. Sehr gut gefällt das Preset “Tight”: Genau so muss es klingen! Hier sind alle Parameter wirklich hervorragend gewählt und auch für ein breites Spektrum unterschiedlicher Stimmen passend.
Bedenkt man den Einsatzzweck des Voicetones, haben TC Helicon hier so gut wie alles richtig gemacht: Ohne jegliche Mühe kann auch ein technisch absolut unbedarfter Sänger den Segen (manchmal natürlich auch Fluch) auf Stimmen spezialisierter Pitching-Effekte nutzen. Soll es im Refrain an manchen Stellen etwas breiter oder dicker sein, soll im C-Part etwas Fundament hinzukommen? Kurz am D1 gedreht und ins Mikro gesungen –innerhalb weniger Sekunden weiß man, ob es ein Preset gibt, was den gewünschten Effekt liefern kann oder nicht. Das alles geht offensichtlich auch ohne Parameterflut, lange Konfigurationszeit und horrende Kosten. Insofern: Alles im grünen Bereich!

FAZIT

Was bei einigen anderen Geräten aus TC Helicons Voicetone-Serie mitunter einen kleinen Makel darstellt, funktioniert beim D1 erfreulich gut: Die Standards im Bereich Vocal-Pitching lassen sich mittels Regler auswählen und funktionieren so, wie man es aufgrund der Bezeichnung erwartet. Während es bei Reverbs und Pitch-Corrections fast unumgänglich ist, genauer auf die verschiedenen Effektparameter Einfluss nehmen zu können, ist dies beim D1 recht gut verzichtbar. Heraus kommt ein ordentlich klingendes, einfach zu bedienendes und obendrein nicht zu teures Gerät von hohem Praxisnutzen. Sicher: Der Vollprofi erwartet zurecht, auf Parameter wie Portamentogeschwindigkeit und tatsächliches Detune Einfluss nehmen zu können. Wer jedoch nur ein bisschen Andicken möchte, bei wem der Support durch eine Oktave oder dergleichen im Bandkontext Sinn macht, der ist mit dem kleinen Grünling bestens bedient. 

Pro
  • sinnvolle Presets
  • einfache Bedienung
Contr
  • geringe Flexibilität
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Technische Spezifikationen
  • Bodeneffekt-Vocal-Prozessor
  • Dry-/Wet-Regler
  • acht Presets wählbar
  • Preamp mit permanenter Phantomspeisung (>100 dB Dynamik)
  • Frequenzgang: 20 Hz bis 20 kHz (+0/-0,3 dB)
  • symmetrischer Output (XLR)
  • USB (Mini-A)
  • Mic-Control bei Verwendung mit Mikrofon MP-65
  • Druckguss-Gehäuse
  • externes Netzteil
  • Preis: EUR 166,60 (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sinnvolle Presets
  • einfache Bedienung
Contra
  • geringe Flexibilität
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TC Helicon Voicetone D1 Test
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