Telefunken Elektroakustik M60 FET Test

Mit dem M60 FET hat das Unternehmen Telefunken Elektroakustik eine FET-Version seines ELA M 260 Röhren-Kleinmembraners im Angebot, und tatsächlich handelt es sich dabei im das erste Kondensatormikrofon des Herstellers, das keine Röhren verwendet.

Telefunken_M60_FET_01Titel

Wie zu erwarten, ist die auf Transistor-Basis arbeitende Variante ein ganzes Stück günstiger und für einen Betrag zu haben, der deutlich unterhalb der 1000-Euro-Grenze liegt. Im Review werden wir herausfinden, ob das Mikrofon seinem Preis gerecht wird.
Den Namen Telefunken bringt man hierzulande vorrangig mit alten Radios oder Fernsehern in Zusammenhang. Dass es im Ausland, und vor allem in den USA, eindeutige Assoziationen mit heiß begehrten deutschen Vintage-Mikrofonen gibt, liegt unter anderem daran, dass Georg Neumann bis in die späten 1950er Jahre den internationalen Vertrieb an das besagte Unternehmen abgegeben hatte, welches nebenbei auch die zugehörigen Röhren herstellte. Ursprünglich waren die frühen Neumann-Schallwandler wie das CMV3 oder auch das U 47 in Übersee also mit dem Label von Telefunken versehen. Nachdem Neumann den vollständigen Vertrieb selbst übernommen hatte, vergab Telefunken einen Auftrag zur Produktion einer neuen Mikrofonserie an das allseits bekannte Unternehmen AKG, und so erblickte unter anderem das ursprüngliche Telefunken ELA M 260 das Licht der Welt.
Aber halt! Die deutsche Firma Telefunken gibt es schon längst nicht mehr. Bei Telefunken Elektroakustik handelt es sich um einen amerikanischen Hersteller, der schlicht und einfach die zugehörigen Namensrechte erworben hat und mit der Diamond-Serie akkurate Remakes der alten Originale zu exorbitanten Preisen anbietet. Es gibt aber auch „günstigere“ Eigenkreationen wie das CU-29 Copperhead oder das AK-47 MkII. Genauso wie das AK-47 trägt das M60 FET eine Bezeichnung, die der eines Schießgewehrs entspricht, wovon wir uns aber nicht weiter abhalten lassen wollen!

Details

Einzeln oder im Set

Zum Test wurde mir das M60 FET Cardioid Stereo Set zugeschickt, das erwartungsgemäß zwei M60 FET und die zugehörigen TK60-Kapseln in Nierencharakteristik enthält, die auch von der Röhrenversion des Mikrofons verwendet werden. Alternativ kann man sich für Varianten mit Omni- und Hypernieren-Kapseln entscheiden (M61 FET und M62 FET), und es gibt eine große Ausbaustufe mit allen drei Kapsel-Pärchen, die als M60 FET Stereo Master Set bezeichnet wird. Aber natürlich ist das Mikrofon auch einzeln erhältlich, wobei hier die gleichen Konfigurationsmöglichkeiten bestehen.

Fotostrecke: 2 Bilder Der gesamte Lieferumfang findet in einem transportablen Case aus Kunststoff Platz.

Egal ob nun einzeln oder im Paar, ob mit nur einer Version der Kapsel oder allen dreien – In jedem Fall ist ein gepolstertes Kunststoff-Case enthalten, das selbst wiederum pro Mikrofon jeweils eine kleine Spinne, einen Windschutz aus Schaumstoff und ein fünf Meter langes Kabel enthält. Auch wenn das Zubehör nicht als außergewöhnlich edel zu bezeichnen ist, geht die Qualität doch vollkommen in Ordnung. Der Punkt, dass eine elastische Halterung im Paket ist, erfreut im Gegensatz zu vielen anderen Kleinmembranern, die nur mit einem Clip ausgestattet sind. Die kleinen Behälter für die Kapseln, deren Deckel mit der Bezeichnung des Modells und einer Seriennummer beschriftet sind, sorgen zudem für erhöhten Schutz bei Lagerung und Transport. Sicher ist sicher!

Fotostrecke: 4 Bilder Zur Aufbewahrung der Kapseln sind kleine Plastikdosen enthalten.

Von außen: Ein typischer Kleinmembraner

Mit montierter Kapsel liegen die Maße des M60 FET bei 14 cm x 2,1 cm, und allgemein wirkt das „kleine Schwarze“ von außen betrachtet recht typisch für die Gattung der Kleinmembraner. Der Body besteht aus pulverbeschichtetem Metall, absolut sauber verarbeitet und frei von weiteren Features wie Schaltern für ein Pad oder ein Trittschallfilter. Der einzige kleine Hingucker ist das Telefunken-Logo.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Nierenkapsel mit der Bezeichnung TK60

Custom-Übertrager von Telefunken Elektroakustik

Moderne Kleinmembran-Kondensatormikrofone, die erhöhten Wert auf natürlichen und weitgehend unverfärbten Klang legen, arbeiten häufig mit einer übertragerfreien Schaltung – Beispiele wären das CMC-6 Speiseteil des modularen Colette Systems von Schoeps oder auch das Neumann KM 184. Im M60 FET kommt dagegen ein Übertrager namens T61CT zum Einsatz, der von Telefunken Elektroakustik selbst hergestellt wird. Dies deutet darauf hin, dass das Mikrofon nicht versucht, sich als ein möglichst nüchterner Realist zu positionieren. Anders hätte man das von Telefunken Elektroakustik aber auch nicht erwartet.

Fotostrecke: 2 Bilder Direkt über der XLR-Buchse sitzt der Custom-Übertrager.

Bestätigt wird dieser Punkt bei der Lektüre des Datenblatts: Wenn man die reinen Zahlen betrachtet, gibt es sicher „bessere“ und gleichzeitig günstigere Schallwandler. Das Gleiche gilt aber natürlich auch für die meisten legendären Vintage-Mikrofone und ändert nichts daran, dass diese trotzdem heiß begehrt sind. Ein Eigenrauschen von 19 dB(A), eine Empfindlichkeit von 8,6 mV/Pa, und ein maximaler Schalldruckpegel von 130 dB SPL bei 1% THD – all das sind Werte, die völlig im Rahmen liegen. Ein Datenwunderkind der modernen Mikrofontechnik ist das M60 FET aber nicht.

Praxis

Höhenreich, aber nicht giftig

Das Telefunken Elektroakustik M60 FET verhält sich mit seinem Frequenzgang auf den ersten Blick recht zeitgemäß und betont wie viele viele andere aktuelle Mikrofone den oberen Frequenzbereich. Die alles entscheidende Frage, mit der sich oftmals die Spreu vom Weizen trennt, lautet dabei, ob die Höhen auf schöne oder gar edle Weise eingefangen werden. Der „kleine Telefunke“ präsentiert sich in dieser Hinsicht äußerst positiv und zeigt dabei durchaus Charakter, ohne an Flexibilität einzubüßen.

Das M60 FET zusammen mit dem Schoeps CMC-64 bei der Gitarrenaufnahme.
Das M60 FET zusammen mit dem Schoeps CMC-64 bei der Gitarrenaufnahme.

Der Boost des Bereichs zwischen 8 kHz und 15 kHz fällt durchaus deutlich aus. Um eine maßlose Höhenschleuder handelt es sich beim M60 FET ganz sicher nicht, im Direktvergleich zum ultra-natürlichen Schoeps CMC-64 hat man aber eindeutig das Gefühl, sich in einer anderen Welt zu bewegen. Auch das Neumann KM 184 gibt sich in dieser Hinsicht noch etwas zurückhaltender. Die hervorgehobenen Höhen des M60 FET wirken allerdings extrem gut artikuliert und stecken voller Detail. Und ganz wichtig: Das Mikrofon zeigt dabei keine erhöhte Neigung zu giftelnden Tendenzen, sondern wirkt nach wie vor rund und nicht übermäßig gehypt. Solche Aussagen erinnern in der Tat ein wenig an die Lobgesänge, die Tontechniker gerne anstimmen, wenn es um begehrte Vintage-Mikrofone geht. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dieses Verhalten zu einem gewissen Anteil dem verbauten Übertrager zu verdanken ist. Rauschen wurde im Test nicht zum Problem.

Audio Samples
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Gitarre (M60 FET) Gitarre (Schoeps CMC-64) Gitarre (Neumann KM 184)

Mitten weitgehend linear

Durch das betonte High-End wirken die Mitten in Gegenüberstellung mit den Vergleichskandidaten leicht unter-repräsentiert, was aber kein Kritikpunkt sondern eine einfache und logische Konsequenz ist. Im Grunde verhält sich das M60 FET innerhalb des Bereichs von 150 Hz und 7 kHz genau so, wie man es von einem Kleinmembraner erwartet – nämlich weitgehend linear. Noch weiter unten beginnt der Frequenzgang der Nierenkapsel allmählich abzufallen, einen wirklichen Mangel an klanglichem Fundament konnte ich aber nicht feststellen. Prinzipiell lässt sich an dieser Stelle noch sehr viel über unterschiedliche Mikrofonpositionen und das gezielte Einsetzen des Nahbesprechungseffekts erwirken, der in diesem Fall deutlich vorhanden ist.

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Overheads (M60 FET) Overheads (CMC-64)

Scharfe räumlich Abbildung

Beim Stereo-Einsatz in XY-Anordnung über einem Drumset kann das M60 FET weiter beeindrucken – und zwar durch eine gestochen scharfe räumliche Abbildung der Instrumente in Tateinheit mit einer blitzschnellen Reaktion auf Transienten. Zudem ist eine klare Fokussierung auf den Bereich vor den Mikrofonen zu bemerken, was durchaus erwünscht sein kann. Die Niere der TK60-Kapsel erscheint etwas schmaler als die Niere der Schoeps MK 4, und auch der höhenreiche Frequenzgang trägt seinen Teil dazu bei, dass die Trommeln beim M60 FET etwas näher im Raum und definierter wirken. Alleine der Punkt, dass sich unser Testkandidat in dieser Hinsicht mit dem doppelt so teuren und in dieser Hinsicht allseits geschätzten Konkurrenten anlegen kann, ist eine Auszeichnung. Ohne sorgfältiges und offenbar erfolgreiches Stereo-Matching seitens des Herstellers wäre dies nicht möglich.

Fazit

Davon, dass ein amerikanischer Hersteller den Namen eines traditionellen Unternehmens nicht nur für äußerst originalgetreue Nachbauten, sondern auch Eigenentwicklungen nutzt, mag man halten, was man will. Das Telefunken Elektroakustik M60 FET jedenfalls ist einfach ein sehr gutes Mikrofon, das den Spagat zwischen einem deutlichen Höhen-Boost und einem runden und äußerst hochwertigen Gesamtklang meistert. Preislich liegt es zudem in einem überraschend vernünftigen Bereich. Bei mir persönlich ist der Telefunke übergesprungen!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • sauberes Matching beim Stereo-Set
  • austauschbare Kapseln (unterschiedliche Konfigurationen erhältlich)
Contra
  • keins
Artikelbild
Telefunken Elektroakustik M60 FET Test
Für 799,00€ bei
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FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Empfängertyp: Druckgradientenempfänger
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Frequenzbereich: 20 Hz – 20 kHz
  • Richtcharakteristik: Niere (Omni- und Hypernieren-Kapseln erhältlich)
  • Übertragungsfaktor: 8,6 mV/Pa
  • Nennwiderstand: 120 Ohm
  • Eigenrauschen: 19 dB(A)
  • Maximaler Schalldruckpegel: 130 dB SPL bei 1% THD
  • Preise:
  • M60 FET Cardioid: 775,- € (UVP)
  • M60 FET Cardioid Stereo-Set: 1543,- € (UVP)
  • M61 FET Omni-Directional: 789,- € (UVP)
  • M61 FET Omni-Directional Stereo-Set: 1570,- € (UVP)
  • M62 FET Hyper-Cardioid: 799,- € (UVP)
  • M62 FET Hyper-Cardioid Stereo-Set: 1600,- € (UVP)
  • M60 FET Master Set: 1158,- € (UVP)
  • M60 FET Stereo Master Set: 2185,- € (UVP)
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