Die japanische Firma Vestax ist eine Legende in der DJ-Szene. Doch Ende 2014 meldete sie Insolvenz an. Damit nahm eine fast 37-jährige Geschichte, die die DJ-Kultur nachhaltig geprägt hat, ihr vorläufiges Ende. Neben legendären Geräten wie den Mixern PMC-30, PMC-05PRO und PMC-50, dem DCR-1200 Isolator und dem VCI-100, der Controllerism quasi erfunden hat, entwickelte die japanische Firma auch immer wieder völlig außergewöhnliche, in Hardware gegossene Liebeserklärungen an die DJ-Kultur.
- Vestax in den 70er-Jahren
- Vesta statt Vestax
- Vestax in den 80er-Jahren
- Wachsenden Bedarf an DJ-Equipment
- Vestax Groove Caster (1999) – Der Stratocaster Turntable
- Vestax QFO – Der portable Turntable für den Rockstar DJ
- DJ-Equipment: Und heute?
- Vestax Controller One Turntable – Das Plattenspieler-Musikinstrument
- Vestax PDX-3000 Mk.II – Der MIDI-Turntable
- Vestax Faderboard – das digitale DJ-Klavier
- Vestax S-1 CD-Player (2005) – Die CD-Axt
- Vestax CDR-07 – Der DJ-CD-Rekorder
- Tascam TT-M1 Scratch Controller – Final Scratch auf Rädern
- Vestax VRX-2000 – Das Plattenpresswerk für daheim
- Vestax HandyTrax – Turntable To Go
Geräte, die ihrer Zeit entweder weit voraus waren oder aber unverdientermaßen auf einem Abstellgleis der Geschichte landeten.
Update: Neuer Staus Quo
2018 hat der Firmengründer Hidesato Shiino die Lizenzen zurückgekauft und verkauft unter der Marke stpVestax den Starling Luxusmixer und den Phoenix.
Hier nun unsere zehn außergewöhnlich coolen Vestax-Teile … und mögliche aktuelle Alternativen für DJs.
Vestax in den 70er-Jahren
Vestax-Gründer Hidesato Shiino wird im Internet gern schon mal als der „Leo Fender Japans“ bezeichnet. Ganz so weit her geholt ist diese Aussage nicht. Denn obwohl Vestax uns vor allem als Firma für DJ-Equipment bekannt ist, startete Shiino seine Karriere im Nachkriegsjapan mit … Gitarren. Als Mitarbeiter bei Yamaha und beim OEM-Gitarrenhersteller FujiGen, der u.a. für Ibanez, Yamaha, Aria, Argus, Greco und Fernandes produzierte, sammelte er erste Erfahrungen. Seine Besuche bei Gitarrenherstellern in den USA, Deutschland und Spanien bestärkten ihn in seinem Wunsch, selbst hochwertige eigenständige Instrumente herzustellen.
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1975 gründete er mit Naotake Shibuya, dem Ex-CEO von Fernandes und Katsumi Boomte, dem Gründer derMoon Guitar Corporation die Firma ESP Guitars (Electronic Sound Products), die sich erfolgreich auf Fender Replacement-Teile und Fender-Nachbauten spezialisierte. Bereits 1977 zog er sich aber wieder aus der Firma zurück und gründete die Shiino Musical Instruments Developing Corporation, aus der später die Firma Vestax hervorgehen sollte.
Vesta statt Vestax
Unter dem Namen Vesta Fire stellte Shiinos Firma Effekte und Recording-Equipment her, wie z.B. den Viertrack-Kassettenrecorder MR-10 B und noch vor Firmen wie Boss und Yamaha die ersten japanischen Effektgeräte wie Limiter/Noise Gate/Parametric EQ/Digital Delay, Digital Reverb, Stereo Chorus oder dieses Distortion-Pedal. Der Name Vesta Fire war vom heiligen Feuer des Tempels der altrömischen Göttin Vesta im Forum Romanum inspiriert. Die genaueren Hintergründe sind jedoch auch langjährigen Vestax-Mitarbeitern nicht bekannt.
Unter dem Namen Vesta Kozo produzierte die Firma Audioprodukte für den Consumer-Markt, unter anderem auch ihren ersten DJ-Mixer, den Vesta Kozo DSM-310. Auf dieser japanischen Website finden sich viele Photos dieses raren Proto-Vestax-Mixers, der schon eine sehr große Ähnlichkeit mit den Vestax-Mixern PMC-10 und PMC-15 aufweist.
Vestax in den 80er-Jahren
Anfang der 80er-Jahre gab es noch keinen richtigen Markt für DJ-Produkte. DJ-Mischpulte waren entweder billige Einsteigerware wie von Monacor oder sehr teure Importware wie die legendären Bozak Rotary Mixer. Dazwischen gab es kaum was. Wozu auch: Diskjockeys legten mit Installationsmixern in Diskotheken auf, gern auch mit Mikrofon-Anmoderation. Als Turntables standen beileibe noch nicht überall japanische 1200er in den Diskotheken, sondern riemengetriebene Plattenspieler wie der Thorens TD 125 aus der Schweiz.
Mitte der 80er Jahre fanden Mixer wie der legendäre Rodec MX180 aus Belgien und der riesige Dynacord M1 aus Deutschland ihren Weg in die Clubs, aber die Idee des Bedroom-DJs war noch nicht geboren. Hip-Hop änderte das. Spätestens als DJ Cash Money 1988 die DMC DJ-Weltmeisterschaft mit einem Gemini MX-2200 gewann, waren plötzlich kleine, sogenannte Battle-Mixer gefragt.
Wachsenden Bedarf an DJ-Equipment
Firmengründer Hidesato Shiino erkannte 1987 nach der Umbenennung seiner Firma in Vestax den wachsenden Bedarf nach DJ-Equipment und präsentierte den 19-Zoll-Mixer PMC-30, den kompakten PMC-10 und den Battlemixer PMC-05. Über allem stand die Vision, dass DJs ebenfalls Remixer und Musiker sein können, wenn man ihnen die nötigen Tools an die Hand gibt, mit denen sie ihre DJ-Fähigkeiten direkt einbringen können, ohne erst das Produzieren mit MPC oder Computer erlernen zu müssen.
Dabei entstanden neben den bekannten und oft kopierten Mixern auch sehr viele obskure und exotische Teile, die man einfach lieben muss, weil sie irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn pendeln. Ende 2014 musste Vestax leider Insolvenz anmelden. Aber ihre wagemutigen Produkte sind immer noch so inspirierend wie damals. Kommt mit auf eine Reise durch die wunderbare Welt von Vestax.
Vestax Groove Caster (1999) – Der Stratocaster Turntable
Produktion: 1999, Prototyp
Gern wird der Technics 1210er als die „Stratocaster unter den Plattenspielern“ bezeichnet. Dabei hätte einzig und allein der Vestax Groove Caster diesen Titel verdient. Möglich, dass Hidesato Shiino zur Idee einer Turntable-Gitarre durch seine frühere Tätigkeit als Gitarren-Hersteller inspiriert wurde. Mit dem (oder „der“?). Groove Caster stellte Vestax erstmals Equipment vor, das die DJ-Performance revolutionieren sollte.
Der DJ sollte auf der Bühne nach vorne treten und ein „richtiges“ Instrument spielen. Zur Ausstattung des Groove Caster gehörten daher auch ein Crossfader, Tone Control Potis und Batteriebetrieb. Dabei sorgte das neuentwickelte „Anti Skipping Tonearm System (A.S.T.S.)“ dafür, dass die Nadel wortwörtlich „im Groove“ – also in der Plattenrille – blieb. Leider blieb es bei einem Prototyp, jedoch profitierten von dieser Technik dann weitere Vestax Produkte wie die Turnies PVT-e1 und PVT-e2 und nicht zuletzt der legendäre QFO.
Und heute?
Plattenspieler im E-Gitarren-Gewand gibt es derzeit nicht. Aber MIDI-Controller in Gitarrenform wie z.B. die Rockstar-mäßig gestalteten Äxte von Starrlabs
Es gibt sie im Stratocaster/ Groovecaster Style oder auch in futuristischeren Formen. Eigentlich sind sie dafür gedacht, Synths und DAWs zu steuern, können theoretisch aber auch auf DJ-Software gemappt werden.
Vestax QFO – Der portable Turntable für den Rockstar DJ
Produktion: 2004, QFO: 700 Stück, QFO LE: 300 Stück, QFO LE DX: 250 Stück Preis (QFO): 128,000 Yen, ca. 1.035,- Euro
Ein paar Jahre später griff Vestax die Idee der „Turntable-Gitarre“ erneut auf. Den QFO kann DJ umhängen und scratchen, so wie einst der DJ in Tone Locs Rap-Klassiker Wild Thing.
Die Idee kam von DJ Q-Bert, einem der besten Scratch-DJs der Welt und Mitglied der legendären Turntablism-Truppe The Invisibl Skratch Piklz. Er schlug Vestax eine Weiterentwicklung des Vestax PDX01 Circular Turntable vor, der bereits über das Anti-Skip Tone Arm System (A.S.T.S.) verfügte. Der QFO hat einen eingebautem Kanalzug mit EQ, Zuspielbuchsen für iPod sowie einen Crossfader und kann wie eine Gitarre umgehängt werden. Es gab mit dem QFO LE auch eine günstigere Version ohne EQ.
Allzu hart darf man mit dem QFO nicht über die Bühne hoppeln, sonst springt die Nadel. Aber vertikal scratchen ist damit ohne weiteres möglich. Mit dem QFO LE gab es auch eine Variante mit normalem Tonarm und ohne EQ, dafür mit einem extra Phono-Eingang, um direkt mit dem Turntablism-Wahnsinn loslegen zu können. Der erst später nachgeschobene QFO LE DX bot Serato Kompatibilität.
DJ-Equipment: Und heute?
Schon im QFO war ein Mixer verbaut. Warum sollte sich DJ also nicht einfach einen USB-Mediaplayer mit integriertem Mischpult um den Hals hängen? Genau das tut DJ SUAT in seinen spektakulären Livestreams.
Seit dem Corona-Lockdown marschiert er durch Canterbury und andere Gegenden Englands und DJed live mit einem umgehängten Pioneer XDJ-RX2, montiert auf einem Rig mit Batterien, Bose Soundlink-Speaker, Focusrite-Audio-Interface und einem iPhone 11 Pro als Webcam. SUAT verwendet den recht großformatigen Pioneer DJ XDJ-RX3 (zum Test) laut Interview ganz bewusst um des spektakulären Looks willen. So herrlich durchgedreht können DJ-Livestreams sein. Mittlerweile gibts auch schon den XDJ-RX3.
Vestax Controller One Turntable – Das Plattenspieler-Musikinstrument
Produktion: 2005, 110 Stück, Preis: 158,000 Yen, ca. 1.300,- Euro
Als ich 2003 das Vestax Office in Tokyo-Setagaya besuchte, zeigte man mir im Labor einen Versuchsaufbau mit einem Plattenspieler-Chassis und einem angeschlossenem MIDI-Keyboard. Aufgrund der überlegenen Motorleistung ihrer Turntables kamen die Entwickler bei Vestax zusammen mit den Scratch-DJs D-Styles (wie Q-Bert ein Mitglied der Invisibl Skratch Piklz) und Ricci Rucker auf die Idee, dass man die Geschwindigkeit des Turntables nicht nur über Fader, sondern auch über Tasten ändern und damit tonal spielen könnte.
Extra zu diesem Zweck hatte Vestax Schallplatten pressen lassen, auf denen – ähnlich wie bei einem Mellotron – einfach lange Töne aufgenommen waren. Mit dem Keyboard und solch einem Endlos-Ton ließen sich dann Melodien spielen und scratchen. Darauf muss man erst mal kommen. Und damit nicht genug: Nur ein Jahr später brachten die Japaner mit dem Controller One ein fertiges Produkt heraus. Wenn irgendein Turntable das Prädikat „Musikinstrument“ verdient, dann dieser.
Damit der Turntable tatsächlich alle Attribute eines richtigen Musikinstruments hat, besorgte sich Vestax in einer Gitarrenfabrik 110 Bodies aus massivem Erlenholz. Montieren konnte die Gitarrenfabrik die Turntables jedoch nicht. Und weil die externen Vestax-Fabrikationsstätten nicht den Holzkorpus verarbeiten konnten, wurden sämtliche Controller One im Vestax Workshop in Tokyo-Setagaya von nur einer Person in Handarbeit zusammenschraubt. Otskare sama-desu, Hamatani-san!
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Mehr InformationenVestax PDX-3000 Mk.II – Der MIDI-Turntable
Produktion: 2007 – 2012, 10.000 Stück
Nach dem Controller One und dem Faderboard nutzte Vestax die gewonnenen Erkenntnisse und verbaute den ultrastarken Motor des Controller One in einem herkömmlichen Turntable-Chassis, fügte einen MIDI-Eingang hinzu, um den Pitch des Turntables per MIDI-Keyboard chromatisch zu kontrollieren und fertig war der PDX-3000 Mk.II. Im Bonedo-Test konnte das Teil seinerzeit überzeugen.
Auch hier sollte der DJ mit Endlostönen von Vinylschallplatten ähnlich den Tonbandschleifen eines Mellotrons Melodien spielen und scratchen. Die entsprechenden Schallplatten habe ich zwar nie wiedergesehen, aber dank DVS kann DJ mittlerweile auch mit Samples und Timecode-Vinyl das Gleiche veranstalten, wie DJ Steel Kut in seinem Video zeigt.
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Mehr InformationenDJ-Equipment: Und heute?
Reloop hat mit dem RP8000 Mk2 (zum Test) einen Turntable mit ähnlich starkem Motor wie Controller On oder PDX-3000 Mk2 im Programm. Ebenso wie die legendären Vestax-Vorbilder kann der Reloop via Performance-Pads oder USB-MIDI chromatisch gespielt werden. Im RP8000 Mk2 lebt die Legende vom Controller One weiter.
Vestax Faderboard – das digitale DJ-Klavier
Produktion: 2007, 700 Stück
Diese exotische Box verdeutlicht sehr gut die Philosophie von Vestax, DJs und ihre Herangehensweise an Musik zu erforschen und zu fördern. DJs arbeiten nicht mit Klaviertasten, sondern mit Fadern. Ein Pianist entlockt seinem Instrument die Töne durch die Dynamik des Fingeranschlags auf die Tasten. Vestax erkennt in der filigranen Handhabung der Fader eines Mischpults die Dramaturgie des DJ-Vortrags. Was lag also näher, als ein Sample-Instrument zu bauen, das nicht durch Tasten, sondern durch Fader gespielt wird? Es lag natürlich nicht nahe. Sie haben es aber trotzdem gemacht.
Die Initialzündung kam vom japanischen DJ Shingo Annen aka DJ shing02. Den Soundchip lieferte KORG, der Gleiche wurde auch in der ersten Electribe-Serie eingesetzt. Das Faderboard ist tatsächlich ein schwer definierbares Gerät. Es hat Drums, Keyboard-Sounds und Effekte an Bord, es kann sampeln, aber es ist keine Groovebox.
Die Handhabung erfordert sehr viel Übung, es ist ein eher kompliziert gedachtes Instrument, zumindest für Menschen, die lieber einfach Tasten drücken, als umständlich Fader zu schieben. Zudem ist das Faderboard sehr rar: nur ca. 700 Einheiten wurden gebaut. Dennoch ein lohnenswerter Fang für all jene, die merkwürdige elektronische Instrumente wertschätzen. Oder DJ shing02 nacheifern wollen, der im Video zeigt, was ein begabter DJ alles aus diesem Gerät rausholen kann.
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Mehr InformationenUnd heute?
Fader schieben, um Töne zu spielen? Dafür gibt’s doch mittlerweile RGB-Pads. Zum Beispiel im Pioneer DJS-1000, einem Sample-Player im CDJ-Format. Per USB-Stick werden die Daten zugefügt und schon kann DJ Samples abfeuern – oder auch selber aufnehmen. Leider scheint der innovative DJS-1000 ebenfalls schon wieder auf das Abstellgleis zuzurollen. Verdient hat er das nicht.
Vestax S-1 CD-Player (2005) – Die CD-Axt
Produktion: 2005, Prototyp
Dieser CD-Player sieht aus wie eine futuristische Gitarre und war 2005 auf der Musikmesse Frankfurt zu sehen. Ich habe den S-1 selbst einmal auf der Bühne benutzt, bei einem Gig im Club ageHa in Tokyo im November desselben Jahres. Man kann sich das Teil wie eine Gitarre umhängen, einen Track von CD abspielen und damit über die Bühne laufen, wenn auch stets an der Leine des Stromkabels und der Audioverbindung.
Der „Hals“ lässt sich zwar drehen, aber darüber hinaus kann man tatsächlich nicht sehr viel mehr mit dem S-1 anstellen, außer Start und Stopp zu drücken, zu pitchen und relativ unrealistisch mit der Scheibe zu scratchen. Als Display haben die Leute von Vestax sehr ökonomisch die des CDX-05 verbaut. Aber der S-1 sieht auf der Bühne einfach unglaublich funky aus. Posertum galore!
Das Jogwheel hat dann noch ein zweites Leben geschenkt bekommen: als Jogwheel des 2006 auf der NAMM-Show vorgestellten Vestax VCI-100-Controllers, der mit seiner robusten Qualität und einer enthusiastischen Mapping-Community „Controllerism“ als Kunstform quasi ganz allein gestartet hat.
DJ-Equipment: und heute?
Seit mp3 die CD abgelöst hat, ist auch die Abspieltechnik kompakter und netzunabhängiger geworden. Völlig losgelöst kann DJ z.B. mit dem Denon DJ Prime GOmixen. Warum also nicht einen Gitarrenhals an die portable Konsole schrauben und richtig losrocken?
Vestax CDR-07 – Der DJ-CD-Rekorder
Produktion: 2006
Stell dir vor, du als DJ könntest deinen MC sampeln und dann mit der gebrannten CD zu seinem Rap scratchen. Geht nicht? Doch: Der CDR-07 ist ein DJ-CD-Player, der über eine Aufnahmefunktion verfügt. Er kann über seinen Mikrofon- oder Line-Eingang direkt auf CD-R aufnehmen und diese dann brennen. Oder direkt aus der Gitarre. Alternative vom Plattenspieler. Oder von jeder Line-Quelle. Auch koaxiale digitale Ein- und Ausgänge sind an Bord. Genau wie sein nichtaufnehmender Vorgänger CDX-05 kann der CDR-07 darüber hinaus bis zu acht Sekunden lange Loops von CD sampeln und direkt wiedergeben.
Beeindruckend ist zudem der Pitch-Bereich beider CD-Player: schaltbar von ±6% über ±10% und±50% bis zu ±100%. Soll heißen: bei -100% hält der Track einfach an. Dazu kommen wie beim CDX-05 drei integrierte Effekte (Flanger, Filter und Digital Delay) drei Hotcues und eine TT-Link-Buchse zum Anschluss eines Tascam TT-M1-Scratch Controllers. Was auch besser ist, weil das große druckempfindliche Gummi-Jogwheel der Vestax-Player leider viel schwammiger ist als die griffigen Töppe der großen Pioneer CDJs. Nichtsdestotrotz ein guter CD-Player mit einzigartigen Features.
Und heute?
Samplen und loopen geht heute ganz einfach on-the-fly, z.B. mit dem Boss RC-505. Artists wie Marc Rebillet loten die Möglichkeiten des RC-505 krass aus und zeigen, was für atemberaubende Performances mit dem fünfspurigen Looper möglich sind. Wer nur zwei Spuren braucht, greift zum kleinen Bruder RC-202.
Tascam TT-M1 Scratch Controller – Final Scratch auf Rädern
Produktion: Tascam ab 2001, Vestax ab 2004, 1.000 Stück
Der TT-M1 Scratch Controller war ein Zubehör für die Tascam-CD-Player CD-DJ1, CD-X1500 und CD-X1700 und wurde von Vestax entwickelt und gebaut. Mit diesem Teil konnte der DJ seinen Plattenspieler in eine CD-Scratch-Maschine verwandeln. Dazu wurde der TT-M1 (TT-M steht für „Turn-Table-Magic“) einfach auf dem Plattenspieler postiert, das Rädchen auf eine Schallplatte oder auch nur einfach die Slipmat aufgesetzt und mit einem TT-Link-kompatiblen CD-Player verbunden. Das Rädchen im TT-M1 läuft mit dem drehenden Plattenteller mit und übermittelt die mechanisch ermittelte Tempoinformation an den CD-Player – was wirklich erstaunlich gut funktioniert.
So simpel, so effektiv! Hat sich aber leider nicht durchgesetzt. Hätte Pioneer seine CDJs ebenfalls mit TT-Link-Buchsen ausgestattet, wir DJs würden heute wahrscheinlich Rekordbox-Files ganz selbstverständlich mit dem TT-M1 über Pioneer PDX-Turntables scratchen. Da Vestax für die Entwicklung des TT-M1 verantwortlich zeichnete, sind deren Player CDX-05 und CDR-07 selbstverständlich ebenfalls TT-Link-kompatibel.
DJ-Equipment: und heute?
Die pfiffige Idee des TT-M1 hat sich nicht durchgesetzt. Digitale Medien werden heutzutage mit großen Jogwheels gepitcht, die sich manchmal sogar drehen, so wie beim Denon DJ SC6000M Prime (zum Test) oder dem Native Instruments Traktor S4 Mk3 (zum Test). Aber vielleicht könnte der TT-M1 doch noch ein Leben nach dem Tod erlangen, diesmal als Scratch Controller auf einem Denon DJ SC5000M Prime, um einen CDX-05 CD-Player anzutreiben, denn: CDs frisst die neueste Generation der Multiformatplayer auch nicht mehr.
Vestax VRX-2000 – Das Plattenpresswerk für daheim
Produktion: 2004 – 2008, 70 Stück, Verkaufspreis: ca. US$ 5.000,-
Welcher Schallplatten-Connaisseur hätte nicht gerne seine eigene Vinyl-Schneidemaschine zuhause. Alte Neumann-Maschinen kosten ein kleines Vermögen. Doch dann ging in den 00er Jahren das Gerücht um, Vestax baue jetzt einen Vinyl-Cutter für den Heimgebrauch. Bei Berliner Plattenlabels wurde umgehend heftigst diskutiert. „Wir legen zusammen und holen uns so ein Teil für unsere Promos!“
Das war wohlgemerkt vor dem Siegeszug von DVS-Systemen wie Traktor und Serato, mit denen man jedwede Audiodatei spielen und scratchen kann. Dann hörte man lange nichts vom VRX-2000 und er geriet in Vergessenheit. Und als alle schon glaubten, das Teil sei nur ein Gerücht, ging es tatsächlich in Produktion. Der Anstoß dazu kam vom japanischen Vinyl-Presswerk Toyo Kasei.
Die hatten einen schneidbaren Vinyl-Rohling namens „Harmo Disk“ entwickelt, der 50 mal robuster als normale Metall-Dubplates ist und bei Vestax angefragt, ob die Firma für dieses neue Produkt eine Schneidemaschine entwickeln könnte. Sehr schnell hatte Vestax einen funktionstüchtigen monauralen Prototyp entwickelt. Es war die weitaus kompliziertere Konstruktion eines stereotauglichen Schneidemechanismus, der sehr viel Zeit und Geld verschlang.
Die Musik wurde direkt auf die Rohlinge aufgenommen, die in 40-Stück-Kartons erhältlich waren. Die Idee dahinter war, dass Hip-Hop-DJs ihre MCs aufnehmen und dann die Raps von Vinyl scratchen konnten und DJ/Producer ihre neuen Tracks auf Vinyl im Club testen können, ohne die Nachteile einer Dubplate: hoher Preis, kurze Lebensdauer und leichteres Material und dadurch einfacher zu scratchen und mixen.
70 Stück wurden gebaut, 50 zum Preis von ca. 5.000,- US$ verkauft. Generell gelten die VRX-2000 als sehr anfällig. Mehr Infos zum VRX-2000 hier.
Und heute?
Vorbei die Zeiten, als wir frische Demos noch als Dubplates schneiden mussten und vom VRX-2000 träumten. Heute ziehen wir einfach die neueste Produktion als mp3 in die Playlist und können sie sofort via CDJ/ Denon-Prime oder Traktor/ Serato in the Mix testen.
Wer dennoch seine Werke zuhause auf Vinyl pressen will, hat dazu bald Gelegenheit mit dem Phonocut. Die österreichische Firma verspricht in ihrer Kickstarter-Kampagne, dass sie die ersten Teile im Dezember 2020 ausliefern will. Im Berliner Kulturkaufhaus Dussmann wurde schon ein Exemplar in freier Wildbahn gesichtet.
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Mehr InformationenVestax HandyTrax – Turntable To Go
Produktion: 2002 – 2014, 100.000 Stück, Verkaufspreis: ca. 170 Euro,-
Bei Plattensammlern in Japan war der Columbia GP3 sehr beliebt, ein kleiner batteriebetriebener Plattenspieler aus Plastik, mit eingebauten Lautsprechern und einem Plattenteller in der Größe etwa einer 7-Inch. Als dessen Produktion eingestellt wurde, kam man bei Vestax auf die Idee, eine bessere Variante dieses Kult-Turntables zu erschaffen.
Firmengründer Shiino war gegen das Projekt: Für ihn war so etwas ein Spielzeug und des Namens Vestax nicht würdig. 100.000 DJs sahen das anders und machten den HandyTrax zu einem der größten Vestax-Verkaufsschlager. Der HandyTrax wurde zu einem Standard-Tool auf Plattenbörsen und ist auch bei tourenden Vinyl-DJs sehr beliebt. Er ist klein und kompakt und per USB kann der DJ die Schallplatten sogar auf den Computer überspielen.
Und gerade gewinnt der HandyTrax durch den Portablism – das Cutten und Scratchen mit portablen Plattenspielern – wieder neue Bedeutung. Er ist immer noch auf eBay und Amazon erhältlich – aber der Preis hat sich verdoppelt.
Und heute?
Numark hat die Idee des HandyTrax übernommen und beim PT-01-Scratch mit weiteren Features verbessert. Neben dem Scratch-Switch, einem Pendant zum Crossfader verfügt der quadratische batteriebetriebene Turntable auch über einen USB-Ausgang zum digitalisieren von Schallplatten. Wer es gediegener und mit eingebautem Lautsprecher wünscht, greift zum akkubetriebenen PT-01-Touring.
Gerfried Fischer sagt:
#1 - 04.09.2018 um 21:44 Uhr
Hallo Mijk, danke für den schönen Artikel, Ja mir der Turntable Gitarre war es nichts, da es ein Patent gab und keine Einigung mit dem Patentinhaber. Mit das innovativste Produkt war auch der 8-Kanal Digitalreccoder (auf Festplatte), ok kein DJ-Produkt.
Grüße Gerfried Fischer
Mijk van Dijk sagt:
#1.1 - 19.10.2019 um 12:17 Uhr
Hallo Gerfried, es ist wirklich schade, dass eine so innovative und leidenschaftliche Firma wie Vestax den Betrieb einstellen musste.
Antwort auf #1 von Gerfried Fischer
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