Unglaublich, aber wahr: “Abbey Road”, jenes legendäre letzte Meisterwerk der Beatles, wird dieses Jahr 50 Jahre alt! Da die Musik der vier Pilzköpfe aus Liverpool derart zeitlos und allgegenwärtig ist, kommt einem diese Tatsache irgendwie fast surreal vor. Anlässlich des Jubiläums erschien vor wenigen Wochen eine neu gemischte und gemasterte Version in diversen Ausführungen. Auch ich konnte der Versuchung nicht widerstehen und holte mir die Vinyl-Ausgabe. Und ich muss gestehen: Es ist nach wie vor ein erhebendes Gefühl, das berühmteste Cover der Welt in Großformat in den Händen zu halten.!
An den skurrilen Verschwörungstheorien dazu möchte ich mich ganz sicher nicht beteiligen, sondern eher auf die wundervolle Musik blicken. Neben dem berühmten langen Medley, dem vielsagenden Titel “The End”, Hits wie “Here Comes The Sun”, dem lustigen Hidden Track “Her Majesty”, der pompösen Ballade “I Want You” etc. starten die Beatles auf “Abbey Road” mit dem Jahrhundert-Song “Come Together”. Dieser stammt aus der Feder von John Lennon und enthält nach wie vor eines der bekanntesten Riffs der Beatles. Sir Paul McCartney schuf für den Song ein ikonisches Bassriff, welches ebenso cool wie spannend ist!
“Come Together” – Tonmaterial
“Come Together” klingt allgemein im positiven Sinne “dreckig” und funky. Dies ist unter anderem das Resultat aus den zugrundeliegenden Akkorden und der Bassline. Paul McCartney ist per se als sehr melodisch spielender Bassist bekannt – “Come Together” bildet da keine Ausnahme. Das weltbekannte Riff basiert auf einem D-Moll-Arpeggio, das Paul über einen Ambitus von mehr als einer Oktave verteilt.
Er startet mit dem tiefen D, dann folgt die Quinte A und darauf die um eine Oktave erhöhte Terz. Zum Schluss löst er wieder auf den oktavierten Grundton auf. Die Töne eines Akkordes so auf dem Griffbrett zu verteilen, ist schon eine geniale Idee – der eigentliche Witz ist aber, dass die harmonische Basis gar kein D-Moll-Akkord ist, sondern ein D7#9 – also ein Dominantseptakkord auf D mit erhöhter None! Im Einzelnen sind dies die Töne D (Grundton), F# (Terz), A (Quinte), C (Septime) und F (#9).
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Was sich in der Theorie eher nach Jazz anhört, ist tatsächlich ein im Blues, Rock und Funk sehr verbreiteter Akkord. Da dieser sowohl die Dur-Terz (F#) wie auch die aus dem Blues stammende Blue Note (#9; entspricht der Moll-Terz) enthält, entsteht eine typische dreckige Reibung bzw. Färbung.
Obwohl es sich hier streng genommen um einen Dur-Akkord handelt, wird als authentisches Tonmaterial für Basslines oder Soli sehr gerne die Moll-Pentatonik gewählt – so auch von Paul McCartney. Hinzu kommen zwei Slides, einer aufwärts in die Quinte, und einer auf der Zählzeit 4 vom Grundton abwärts. Auch diese tragen erheblich zum angesprochen dreckigen Feel bei.
“Come Together” – Rhythmik
Die Rhythmik der Bassline von “Come Together” ist sehr einfach – hier gibt es wenig Klärungsbedarf. Interessant ist jedoch die Interaktion mit Ringo Starrs Drumbeat: Während des wiederkehrenden Riffs spielen beide eine Art Frage-Antwort-Spiel miteinander.
Paul besetzt dabei hauptsächlich die ersten beiden Zählzeiten, darauf folgt Ringos legendäres Fill mit den Toms als Antwort. Im Vers bleibt Paul bei seinem Riff, während Ringo auf einen ganz simplen Beat mit Bassdrum und Toms wechselt. Auf diese Weise macht er im Vergleich zum Main-Riff Platz für John Lennons Vocals. Im Chorus gibt es dann straighte Achtel, um noch einmal für ordentlich Schub zu sorgen.
Eine Kleinigkeit gibt es darüber hinaus noch zu erwähnen: Ab und zu ändert Paul die Artikulation der ersten beiden Achtelnoten und spielt die erste kurz (staccato) statt lang (legato). Dies scheint aber eher dem Zufallsprinzip zu folgen.
“Come Together” – Bass-Sound
Zur Zeit der Aufnahme von “Come Together” benutze Paul McCartney neben seinem Höfner 500/1 einen Rickenbacker sowie einen Fender Jazz Bass. Mehrere Quellen sagen, dass es sich bei dem Bass auf “Come Together” um den Rickenbacker handelt, den McCartney (wie meistens) mit dem Plektrum gespielt hat. An Basssaiten favorisierte Paul Flatwounds, benutzte in dieser Periode aber auch gelegentlich Black Nylons ‑ ich persönlich würde auf letztere tippen.
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Aufgenommen wurde die Platte hauptsächlich im “Abbey Road Studio”.Dieses hatte kurz vorher eine brandneue EMI 12345 Achtspurkonsole erhalten, welche zum ersten Mal auf Transitor- und nicht auf Röhrenbasis arbeitete. Dies verlieh der Platte einen ganz anderen neuen Sound und viel mehr Möglichkeiten, was die Anzahl der Spuren und der Platzierung der Instrumente und Vocals im Stereobild angeht.
Auch auf Pauls Basssound hatte diese neue Technologie deutlichen Einfluss, denn der Klang wirkt im Vergleich zu den Vorgängeralben klarer und präsenter. In dieser Zeit spielte Paul den Bass meistens direkt ins Pult – ich denke, das ist auch hier der Fall!
Leider besitze ich keinen Rickenbacker mit Flats oder Black Nylons, so musste mein Preci für die Soundbeispiele herhalten.
“Come Together” – Klangbeispiele und Noten/TABs
Hier findet ihr die von mir eingespielten Soundbeispiele und die Noten als PDF-File.
Bis zum nächsten Mal und viel Spaß mit “Come Together”!
Thomas Meinlschmidt