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Frap Tools Brenso Test

Frap Tools Brenso ist ein komplexer Oszillator und einer der mächtigsten für das Eurorack. Was ihn besonders macht und was ihn von seinen Konkurrenten unterscheidet, untersuchen wir unserem Test.

Frap Tools Brenso (Quelle: Lukas Hermann)

Der komplexe Oszillator ist eine der Königsdisziplinen im Eurorack. Die Modulgattung steht in der Tradition der modularen Buchla-Synths und ihrem „259 Complex Oscillator“. In einem solchen Oszillator erzeugen zwei Klanggeneratoren im Verbund ein unendliches Spektrum an Klängen. Ein Modul dieser Art elegant, vielseitig und bedienbar zu entwickeln, ist eine echte Kunst. Frap Tools ist das mit dem Brenso gelungen.

Nach und nach haben sich die Modulbauer aus Italien an ihren komplexen Oszillator herangetastet: Nach der Gründung vor knapp sechs Jahren wurde zunächst eine modulare Mixerlösung und mit dem Sapèl eine Zufallsquelle im Geiste der Buchla Source of Uncertainty gebaut. Es folgten die Filterbank Fumana, der Sequenzer USTA, der Funktionsgenerator Falistri und Anfang 2020 dann der Brenso. Dessen Start verzögerte sich aufgrund der Pandemie ein wenig, danach war er lange ausverkauft. Mittlerweile ist Brenso endgültig im Markt angekommen – und auch bei mir im Rack.

Details

Frap Tools Brenso: Erster Eindruck

Es ist schon faszinierend: Obwohl hinter den beiden Marken komplett andere Philosophien stecken, verwirren Frap Tools Module viele Eurorack-Musiker so sehr wie sonst nur die von Make Noise. Aber meist nur auf den ersten Blick. Auf den Zweiten entdecken sie dann die auf allen Modulen verwendete Farbcodierung der jeweiligen Funktionen und erlangen einen Überblick. Drei solcher farbigen Sektionen hat auch Brenso: eine grüne, eine gelbe und eine weiße. Dazwischen findet man außerdem noch einen rot umrandeten Encoder.

Die Farbcodierung und ihre Bedeutung

Die Farben gelb, grün, weiß und rot markieren die vier Hauptelemente des Moduls. Da sind zunächst die beiden Oszillatoren, in FM-Sprache „Carrier“ und „Modulator“ bzw. „primärer“ und „Modulationsozillator“ genannt. Ersterer ist beim Brenso gelb, der zweite grün. Diese Farben haben auch die Regler für die FM-Intensität unter den beiden Oszillatoren.

Frap Tools Brenso: Frontansicht
Das Interface des Frap Tools Brenso ist in farbige Abschnitte aufgeteilt. (Quelle: Lukas Hermann)

Die ausschließlich den Carrier – den gelben Oszillator – beeinflussende Timbre-Sektion mit dem klassischen Buchla-Wavefolder und einem Waveshaper findet sich rechts neben ihnen. Sie ist weiß gekennzeichnet. Und der rote Regler? Der ist für die Amplitudenmodulation zuständig.

Stabil gestimmt

Die Oszillatoren lassen sich über die beiden großen Encoder grob und die beiden kleinen darüber fein stimmen. Beide Kerne tracken 1V/Oct-Signale extrem stabil über acht Oktaven. Beim melodischen Spielen ebenfalls sehr nützlich: Mit den farbigen Buttons in der Mitte lässt sich ihre Frequenz fixieren. Ungewolltes Verstimmen gehört der Vergangenheit an.

Flexibel modulierbar

Während klassische komplexe Oszillatoren einen „Mod Bus“ haben, um den linken mit dem rechten Kern zu verkuppeln, ist Brenso deutlich flexibler. Dafür sorgt eine doppelte interne Normalisierung. Sie ist durch die grünen und gelben Linien um die FM-CV-Eingänge markiert. Mit ihr wird die stimmstabile Thru-Zero-Modulation des grünen durch den gelben und des gelben durch den grünen Oszillator möglich – exponentiell wie linear. So unabhängig voneinander wie im Brenso sind keine anderen Kerne komplexer Oszillatoren im Eurorack.

Frap Tools Brenso: Waveshaping
Mit der Waveshaping-Sektion des Brenso lassen sich ein Haufen verschiedener Wellen erzeugen. (Quelle: Lukas Hermann)

Auch die Timbre-Sektion ist vielschichtiger als die vieler Konkurrenten, nur der DPO von Make Noise kann es hier mit dem Brenso aufnehmen. Sie besteht neben dem modultypischen Wavefolder aus einem dreiteiligen Waveshaper. Der erzeugt alle erdenklichen Wellenformen zwischen Dreieck, Sinus, und Pulswellen. Alle Timbre-Parameter können über den weißen Timbre-Modulationsbus durch den linken Oszillator oder ein externes Signal gemeinsam moduliert werden. Das geschieht entweder in Audio-Geschwindigkeit oder langsamer, etwa wenn der linke Oszillator als LFO eingestellt ist.

Acht Wellenformen gleichzeitig

Der „Final“-Ausgang (oben) liefert das Ergebnis aller über die gelben bzw. grünen Regler aktivierten Modulationen plus Waveshaper/-folder und AM – das komplexeste Signal, das Brenso produziert. Parallel können daneben die Pulswelle des gelben Kerns, die Pulswelle aus der Timbre-Sektion, sowie seine Dreiecks- und seine Sinuswelle abgegriffen werden. Am grünen Oszillator – hörbar oder als LFO – gibt es Sägezahn-, Puls-, Dreieck- und Sinusausgänge. All diese Wellen werden von der intern oder extern gesteuerten Frequenzmodulation beeinflusst. Nicht jedoch vom Timbre-Bus und der AM-Sektion, die übrigens auch Ringmodulation bietet.

Frap Tools Brenso: Schrägansicht
Frap Tools Brenso ist ein hochwertig verarbeiteter Oszillator für das Eurorack. (Quelle: Lukas Hermann)

Ein besonders dynamischer Modulator

Der grüne Oszillator hat noch ein paar weitere Tricks auf Lager. Über einen Schalter unten links kann seine Frequenz der des linken folgen oder mit ihm synchronisiert (Soft Sync) werden. Ein Integrator sorgt beim Einspeisen von Tonhöhen-Signalen in den gelben Oszillator zudem dafür, dass auch der grüne sie erhält. Die Integrationsgenauigkeit ist modulierbar, was für dynamische Slew-Effekte auf Sequenzen sorgt.

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Praxis

Klangeigenschaften: rund und voll

Der Verbos Complex Oscillator klingt fett und schreit, der Make Noise DPO raspelt und quietscht gern einmal kreativ rum. Und der Brenso? Der ist irgendwie immer glasklar. Egal wie verrückt er moduliert wird: Sein Sound bleibt immer (verhältnismäßig) unter Kontrolle. Zunächst zum Grundklang: Die Brenso-Sinuswelle ist rund und voll, eine ideale FM-Grundlage. Im Vergleich zu Oszillatoren wie dem DPO ist die Dreieckswelle einzeln etwas schwächer, die Sägezahn- und vor allem die flexible Pulswelle dafür umso mächtiger. Das mit der Dreieckswelle vergisst man schnell, sobald man einmal mit der Frequenzmodulation begonnen hat.

FM: von subtil bis (fast) extrem

Die Frequenzmodulation ist mit die wichtigste Eigenschaft eines komplexen Oszillators. Sie klingt im Brenso schlichtweg großartig, egal ob das Frequenzverhältnis zwischen den Kernen exakt oder nach Gehör eingestellt wird. Dank zwei Abschwächern für die lineare und exponentielle Frequenzmodulation kann sie langsam aber sicher justiert und moduliert werden.

Audio Samples
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FT Brenso: Sinus Sweep FT Brenso: Triangle Sweep FT Brenso: Puls Sweep FT Brenso: Wavefolder Sweep FT Brenso: FM Sweep FT Brenso: AM Sweep FT Brenso: RM Sweep FT Brenso: Timbre Mod Sweep

Tipp: Auch mal ungewöhnliche Signale für FM einsetzen. Auf Rauschen als Signal für exponentielle FM reagiert Brenso enorm faszinierend. Komplexe Klänge erzeugt auch das Crosspatching mehrerer Wellen des linken in den rechten Oszillator. Diese Sounds sind jedoch eher experimenteller Natur. Gleiches gilt für die Crossmodulation, wenn beide FM-Intensitätsregler unter den Hauptreglern aufgedreht werden.

Frap Tools Brenso: Oszillatoren
Die beiden „f“-Regler unter den großen Pitch-Encodern bestimmen die FM-Intensität pro Oszillator-Kern. (Quelle: Lukas Hermann)

Westcoast at its best

In drei Monaten Testphase hatte ich nie den Wunsch, hinter den Brenso noch einen Filter zu hängen. Das macht ihn in meinen Augen ideal für Westcoast-orientierte Racks: Low-Pass Gates reichen vollkommen aus, um seinen Sound abzurunden und im Verbund mit anderen Sequenzen, Drums und Pads brauchbar zu formen.

Audio Samples
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FT Brenso: Wavefolding Sequence FT Brenso: Complex PWM FT Brenso: High FM Mod FT Brenso: Cross-FM FT Brenso: Slow RM & Reverb FT Brenso: Flip Sync AM

Das ist nicht bei jedem komplexen Oszillator der Fall. Die Wavefolder solcher Module eskalieren schnell und sind partout nicht zähmbar. Ein Beispiel ist der Instruo Cs-L mit seinem extrem metallischen Sound. Er eignet sich gut für Techno, bietet allerdings für detailliertes Sounddesign oft zu wenig Spielraum. Nicht so beim Brenso. Er lässt sich in Sachen Obertongehalt und ‚Kreischanteil‘ genau nach Wunsch einstellen. Das gilt selbst für die Amplituden- und Ringmodulationen des roten Schaltkreises, die weich und dynamisch klingen können – unglaublich, aber wahr.

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Fazit

Complex Oscillator ist nicht gleich Complex Oscillator. In dieser exklusiven Kategorie hochpreisiger Module kommt es besonders auf Details und den persönlichen Geschmack des Musikers an. Meinen trifft der Frap Tools Brenso auf den Kopf. Er ist nicht wie etwa der erwähnte Verbos Complex Oscillator oder, noch mehr, der Furthrrr Generator von Endorphin.es mehr oder minder eine Kopie des Buchla 259. Er ist auch keine Schreimaschine wie ein Instruo Cs-L. Der Brenso macht sein eigenes Ding, er ist modern. Anstatt vorschnell wilde Schlamm- bzw. FM-Schlachten zu liefern, versucht er sich in klanglicher Präzision und Eleganz. Das macht ihn ideal für melodische FM-Sequenzen, helle Glockensounds und runde, aber dennoch dynamische Bass-Sounds.

Die Hardware untermauert den Premium-Anspruch des Sounds: Die hochwertigen Metall-Regler sind eine Freude in der Bedienung und die oft mit guten Gründen verteufelten Trim-Potis als Eingangsabschwächer selbst bei komplexen Patches gut erreichbar. Details wie die Möglichkeit, den VCA des Timbre-Busses für externe Signale verwenden oder den Wavefolder für Percussion-Sounds pingen zu können, sorgen für endlose Experimentieroptionen. Bei alledem verleugnet der Brenso seine klangliche Identität nicht. Er macht vieles richtig. Und eigentlich gar nichts falsch. Fünf Sterne.

Frap Tools Brenso: Oszillator
Frap Tools Brenso: komplexer Oszillator für das Eurorack (Quelle: Lukas Hermann)

Features

  • Analoger Dual-Oszillator
  • 2 Thru-Zero Oszillatoren mit Dreieck-Kern
  • Pro Oszillator: Grob- und Feinstimmung, linearer und exponentieller FM-Eingang (mit Abschwächer) und 4 Wellenform-Ausgänge
  • Grüner Oszillator als LFO nutzbar
  • Oszillator-Synchronisation
  • Neu entwickelter CV-steuerbarer Waveshaper / Wavefolder
  • Interner VCA zur Steuerung der Modulationstiefe
  • Trigger-Eingang und Decay-Hüllkurve für den Waveshaper zur Erzeugung perkussiver Klänge
  • 4 interne Modulationsbusse: FM je Oszillator, Waveshaper, AM & Ringmodulation
  • Strombedarf: 325 mA (+12 V) / 235 mA (-12 V)
  • Breite: 30 TE – Tiefe: 38 mm

Preis

Frap Tools Brenso: ca. 639 € (Strapßenpreis am 03.05.2022)

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