Superlux E100, E303B und E304 Test

Mit den Superlux E100, E303B und E304 haben sich heute gleich drei Vertreter einer recht speziellen Schallwandlergattung zum bonedo-Test eingefunden.

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Die Rede ist von Grenzflächenmikrofonen. Anders als ihre weiter verbreiteten Kollegen, werden Grenzflächen nicht an Mikrofonstativen befestigt oder in der Hand gehalten, sondern auf Flächen oder in Bassdrums gelegt. Je nach Einsatzgebiet können sie auch an Wänden oder Decken verschraubt werden.
Allerdings sind nicht alle Grenzflächenmikros für alle Anwendungen gleichermaßen gut geeignet. In der Bassdrum mit ihren hohen Schalldrücken ist eine zu hohe Empfindlichkeit kontraproduktiv, wohingegen genau diese Eigenschaft in Sprechersituationen von Vorteil ist. Unterschiede gibt es auch bei der Richtcharakteristik. Manche Modelle „hören“ halbkugelförmig, stärker richtend verhalten sich Mikrofone mit einer halben Niere. Zu letzteren gehören sowohl das E100 als auch das E303B. Mit seiner geringeren Empfindlichkeit und einem Attack-Boost im Frequenzgang soll das E100 für Bassdrum gut geeignet sein, das E303B eher für Sprache und Distanzmikrofonierungen. Beim E304 kommt hingegen die halbe Kugel zum Einsatz, welche das Klanggeschehen ohne Richtwirkung aufzeichnen und einen insgesamt räumlicheren Sound erzeugen soll. Der Clou der drei Teile ist jedoch ihr Preis. Der liegt zwischen knapp 40 und knapp 60 Euro. Was man für so wenig Geld erwarten kann, lest ihr im Folgenden.

Details

Rund, flach, handlich

Nach dem Öffnen der Pappschachteln fällt mir zunächst einmal die kompakte Bauform der Testobjekte auf, welche mit 8,5 Zentimetern Durchmesser wirklich sehr unauffällig wirkt. Ebenso subtil fallen die optischen Unterschiede aus, denn die Metallgehäuse sehen auf den ersten Blick identisch aus. Die genauere Inspektion offenbart aber doch Abweichungen. So besitzt das E303 eine runde Einprägung in der Mitte, die anderen beiden eine eher tropfenförmige Kontur. Neben den Mikrofonen selbst liegen dem E303B und dem E304 jeweils ein zehn Meter langes Anschlusskabel sowie eine Bedienungsanleitung bei. Beim E100 ist das Kabel am Mikrofonkorpus fest installiert und hat eine Länge von 1,5 Metern. Das E100 kommt zudem als einziges Mikro des Trios mit einer Kunstledertasche. Bedienelemente wie wählbare EQ-Einstellungen oder Pads sucht man vergebens an den Flundern, stattdessen gibt es gummierte Unterseiten mit jeweils vier Öffnungen für eine eventuelle Wandmontage. Kommen wir nun zu den technischen Unterschieden der drei Kandidaten.

Das E303B besitzt eine Nieren-, das E304 eine Kugelcharakteristik

Laut Superlux sind sowohl das E303B als auch das E304 für die unauffällige Aufnahme von Sprache bei Konferenzen, in Theatern oder Kirchen ausgelegt. Aber auch die Aufnahme von Instrumenten ist mit solchen Mikrofonen natürlich möglich. Der Hauptunterschied zwischen beiden Modellen liegt in der Richtcharakteristik. Das 303er besitzt eine halbe Niere, wohingegen das 304 als Druckempfänger fungiert und daher halbkugelförmig aufnimmt. Beide Mikrofone übertragen einen Frequenzbereich zwischen 30 und 18000 Hertz, ihre Back-Electret-Kapseln besitzen eine Empfindlichkeit von 11,2 mV/Pa. Das Eigenrauschen gibt Superlux mit weniger als 24 dB an (A-gewichtet). Diese Werte sind guter Standard für die Bauweise, interessanter wird hingegen sein, wie sich die Schallwandler im praktischen Einsatz machen. Der Blick auf die Frequenzdiagramme zeigt bei der Kugelversion einen glatteren Verlauf, im Bassbereich fällt die Kurve deutlich flacher ab als beim E303B. Ab 2000 Hertz zeigen beide Kurven einen Anstieg, der beim 303 seinen Peak bei etwa 4000 Hertz findet und dann stufenförmig abfällt, während die Kurve des 304 gleichmäßiger ansteigt und ihren höchsten Punkt bei etwa 8000 Hertz erreicht. 

Fotostrecke: 6 Bilder Links seht ihr das E100 mit festem Kabel, rechts das E303B.

Das E100 ist für die Bassdrum konzipiert

Abgesehen vom fest installierten Kabel liegt der größte Unterschied zwischen dem E100 und seinem optischen Zwilling E303B darin, dass seine Entwickler dieses Mikrofon für ein Leben in höchsten Lautstärken vorbereitet haben. Also beispielsweise in Bassdrums. Der Frequenzbereich ist hier zwar etwas höher angesetzt und liegt bei 30 bis 18000 Hertz, allerdings ist das E100 mit nur 1,0 mV/Pa deutlich unempfindlicher ausgelegt als die beiden Kollegen. Beim Frequenzverlauf ähnelt es stark dem E304, auffällig ist der deutliche Boost bei etwa 7000 Hertz. Offenbar hatte man hier im Sinn, dem Attackgeräusch der Bassdrum ordentlich Präsenz zu verleihen, denn für diese Eigenschaft werden Grenzflächen von vielen Tonleuten und Drummern schließlich geschätzt. Dazu passend lässt ein Maximalschalldruck von 149 dB SPL vermuten, dass der Kandidat erst bei extremsten Lautstärken anfängt zu zerren. 

Praxis

Einfaches Handling dank kompakter Abmessungen

Um herauszufinden, ob die drei Superlux-Grenzflächenmikros ihre Sache anständig machen, haben wir sie in verschiedenen Szenarien getestet. Bei den Modellen E303B sowie dem E304 lag der Fokus auf dem gesprochenen Wort sowie einer Akustikgitarrenaufnahme, das E100 musste sich natürlich vorrangig in der Bassdrum beweisen. Um die Ergebnisse einordnen zu können, haben wir zusätzlich verschiedene – teils deutlich teurere – Referenzmikrofone aufgenommen. Ein Vorteil zeigt sich aber sofort und das ist die sehr kompakte und unauffällige Form. Laien dürften die kleinen Flundern kaum auffallen, noch nicht einmal als Mikrofone werden sie sofort identifiziert. 

Fotostrecke: 5 Bilder Alle drei Superlux-Grenzflächen im Test: E304, E100, E303B (von links)

Sprache

Dass sich sowohl mit dem E303B als auch mit dem E304 problemlos eine Gesprächssituation aufnehmen und übertragen lässt, zeigt ein kleines Arrangement, welches ich mit dem Recording-Kollegen Nick Mavridis aufgebaut habe. Ein Holztisch dient den Testobjekten als Grenzfläche, als Sprecher haben wir uns jeweils über Eck daran positioniert. Hier könnt ihr euch auch gleich noch einmal anhören, wie Grenzflächenmikros funktionieren. Wie erwartet, besitzt die E304-Halbkugel einen ausgewogeneren Frequenzbereich mit deutlicheren Bassanteilen, sie nimmt jedoch typbedingt auch mehr Raumanteile auf. Beim Rauschen merkt man jedoch, dass die verwendeten Bauteile von günstiger Art sind. Das E303B klingt straffer, mittiger und direkter, die Charakteristik sorgt für eine Begrenzung der Raumanteile. Im Vergleich mit einem Sennheiser MEB 114 W, ein auf Konferenzsituationen zugeschnittenes Mikrofon, wirkt es zwar blechiger und weniger ausgewogen, kann sich aber durchaus behaupten, gerade auch in Anbetracht des günstigen Preises.

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Superlux E303B, Sprache Superlux E304, Sprache Sennheiser MEB 114, Sprache

Akustische Gitarre

Kommen wir nun zum nächsten Testaufbau, eine vom Kollegen Michael Krummheuer gespielte Dreadnought-Gitarre der Marke Baton Rouge. Hier haben wir die Mikros auf dem Boden platziert, jeweils etwa einen Meter entfernt. Als Vergleichsmikrofon kam ein Kleinmembran-Kondensator des Typs Oktava MK012 mit Kugelkopf zum Einsatz. Die Klangeindrücke der Sprachaufnahmen wiederholen sich hier erwartungsgemäß, wobei der eher schwammige, muffige Sound des E304 tatsächlich eher nicht zum Einsatzgebiet passt. Das stärker richtende E303B gefällt uns deutlich besser, es klingt frischer und kompakter. Die ausgewogenste Vorstellung liefert hier jedoch das MK012, welches nicht umsonst beliebt ist, wenn es um die Aufnahme von akustischen Gitarren geht.

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Superlux E303B, Gitarre Superlux E304, Gitarre Oktava MK-012/K, Gitarre

In der Bassdrum und vor dem Schlagzeug

Als nächstes konzentrieren wir uns auf die Bassdrum, denn dafür wurde das E100 explizit konstruiert. Zum Einsatz kommt eine 22 mal 14 Zoll große Yamaha-Recording-9000-Kick mit einem vorgedämpften Evans-EQ-Schlagfell sowie einem gelochten Resonanzfell. Im Inneren der Trommel kommt gerade soviel Dämpfung zum Einsatz, wie für das Aufbrechen der störenden Mittenfrequenzen nötig ist. Weil sie verfügbar waren, habe ich aber auch die beiden Kollegen mit der Aufgabe betraut und zusätzlich noch einen deutlich teureren Klassiker als Referenz hinzugenommen, nämlich das Sennheiser e 901. Die Befunde sind durchaus interessant. So erzeugt das E100 von den drei Superlux-Modellen zwar den fokussiertesten Ton, packt aber nicht mit der bekannten Vehemenz zu, wegen der sich viele Drummer und Tonleute für eine „Grenze“ in der Bassdrum entscheiden. Im Gegenteil gefallen mir die anderen beiden als Alternative zu einem normalen Bassdrum-Mikrofon fast besser. Sie wirken offener und lebendiger und lassen sich per EQ später besser formen. Wo der Hammer in puncto Attack und Fokus liegt, zeigt dann das Sennheiser, welches eben genau die Direktheit und Präsenz zeigt, die diesen Mikrotyp in der Bassdrum auszeichnet. 

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Superlux E100, Bassdrum, solo Superlux E100, Bassdrum, im Kit Superlux E303B, Bassdrum, solo Superlux E303B, Bassdrum, im Kit Superlux E304, Bassdrum, solo Superlux E304, Bassdrum, im Kit Sennheiser e 910, Bassdrum, solo Sennheiser e 910, Bassdrum, im Kit

Aber auch einen guten Meter vor der Bassdrum lassen sich mit Grenzflächenmikros interessante Raumklänge erzielen. „Front of kit“ wird diese Position genannt. Bei den Kit-Soundfiles habe ich das gesamte Schlagzeug mikrofoniert mit Ausnahme der Bassdrum. Aufgrund des erweiterten Bassbereiches ist mein klarer Favorit hier das E304, welches mit ordentlichem Druck und schöner Räumlichkeit ein ausgewogenes Bild des Schlagzeugs liefert. Den beiden Halbnieren hört man ihre Verwandtschaft deutlich an, sie wirken insgesamt mittiger und enger, der bei Drumkit-Raumaufnahmen wichtige Bassbereich ist etwas zurückgenommen. Mit einer zusätzlichen Bassdrum-Mikrofonierung sind aber mit beiden Mikros gute Resultate möglich, die nach kreativer Bearbeitung rufen. 

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Superlux E100, FOK, solo Superlux E100, FOK, im Kit Superlux E303B, FOK, solo Superlux E303B, FOK, im Kit Superlux E304, FOK, solo Superlux E304, FOK, im Kit

Fazit

Für Preise zwischen 39 und 59 Euro bieten die drei Superlux- Grenzflächen wirklich respektable Ergebnisse. Das E303B mit Halbnierencharakteristik bietet den straffsten und universellsten Klang an allen getesteten Schallquellen, während das E304 aufgrund seiner Kugelcharakteristik einen erweiterten Bassbereich und mehr Raumanteile liefert. Damit ist es überall dort besser geeignet, wo Schall aus allen Richtungen aufgezeichnet werden soll, wie zum Beispiel bei Gesprächen an runden Tischen. Aber auch als Front-of-Kit-Mikrofon klingt es gut, dort fällt auch das eher mäßige Rauschverhalten nicht so ins Gewicht. Auch das auf die Bassdrum spezialisierte E100 macht für seinen Preis einen guten Job, kann jedoch mit teureren Referenzmikros in puncto Druck und Präsenz nicht mithalten. Bei der Verarbeitung geben sich alle Testkandidaten keine Blöße und wirken ausreichend stabil. Auch die kompakte Bauform ist positiv zu bewerten. Wer also seinen Einsatzbereich kennt und wirklich nicht viel Geld ausgeben möchte, bekommt mit den Superlux-Modellen zwar keine High-End-Mikros, aber doch erstaunlich viel Grenzfläche für sein Geld. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • gute Verwendbarkeit in den angedachten Einsatzgebieten
  • E303B liefert an allen Quellen straffe Sounds
  • robuste Verarbeitung
  • sehr günstiger Preis
Contra
  • E304 klingt recht schwammig an der Akustikgitarre
  • E100 lässt in der Bassdrum etwas Präsenz und Druck vermissen
  • mäßiges Rauschverhalten bei leiseren Quellen (Sprache, Gitarre)
Artikelbild
Superlux E100, E303B und E304 Test
Für 68,00€ bei
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Features und Spezifikationen
  • Hersteller: Superlux (Thomann)
  • Bezeichnungen: E100, E303B, E304
  • Wandlerprinzip: Kondensator, Grenzfläche
  • Richtcharakteristik: halbe Niere (E100, E303B), halbe Kugel (E304)
  • Impedanz: 600 Ohm
  • Frequenzgang: 20 Hz–18 kHz (E303B, E304), 30 Hz–18 kHz (E100)
  • Finish: matt-schwarz lackiert
  • Ausgang: XLR
  • Abmessungen: 8,5 x 2,2 cm
  • Zubehör: Anleitung (alle Modelle), 10m-Kabel (E303B, E304), Tasche (nur E100)
  • Herkunftsland: China
  • Preise (Straßenpreise am 10.1.2020)
  • E100: € 45,–
  • E303B: € 39,–
  • E304: € 59,–
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