Zoom H1 Test

Die Firma Zoom ist nicht nur ein alteingesessener Spezialist für Gitarren-Effektgeräte, sondern macht seit längerem auch auf dem Markt für mobile Digitalrecorder Furore. Die beiden Geräte H2 und H4n zählen zu den erfolgreichsten ihrer Art, was vor allem in einer sehr guten Aufnahmequalität, einer opulenten Ausstattung und nicht zuletzt einem fairen Preis begründet ist. Mit dem hier getesteten H1 hat der Hersteller sein Sortiment nun nach unten hin erweitert, das Zubehör und den Funktionsumfang drastisch reduziert und dafür einen Preis veranschlagt, der tiefer liegt als der Grund des Marianengrabens.

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Kann ein Digitalrecorder mit eingebautem Stereo-Kondensator-Mikrofon, der zum Teil schon für einen Straßenpreis unterhalb der Einhundert-Euro-Marke zu haben ist, denn überhaupt irgendetwas taugen? Oder handelt es sich dabei vielleicht tatsächlich um eines dieser seltenen Schnäppchen, die so manchem weit teureren Konkurrenten locker das Wasser reichen können? Machen wir es kurz. Die Antwort auf beide Fragen lautet: „Ja“.

Details

Ein Hauch von Nichts – Der Lieferumfang des H1
Zum Lieferumfang des Zoom H1 fällt mir ein Zitat von Antoine de Saint-Exupéry ein: “Perfektion ist erreicht, nicht, wenn sich nichts mehr hinzufügen lässt, sondern, wenn man nichts mehr wegnehmen kann.” Zugegebenermaßen kann ich mir nicht vorstellen, dass der Autor von „Der kleine Prinz“ damit konkret an die Ausstattung mobiler Digitalrecorder gedacht hat. Trotzdem trifft zumindest die zweite Hälfte des Zitats auf den H1 zu, denn wegnehmen sollte man hier wirklich nichts mehr. In der Pappschachtel, die der Recorder bis zum Auspacken sein Zuhause nennt, findet sich eine einzelne AA-Batterie, eine MicroSD-Card (2 GB) im beeindruckend kleinen Geheimagenten-Format, eine Adapterkarte auf das normale SD-Format und eine Kurzanleitung – auch auf Deutsch. Trageschlaufen, Schutzetuis, Tripod-Stative, Stativ-Adapter, Windschutze, Netzadapter, USB-Kabel, Audio-Kabel oder gar Fernsteuerungen (wie bei manch anderem Produkt dieser Art) sucht man in diesem Paket vergebens.

Das klingt ja eigentlich erst einmal nicht besonders gut. Aber keine Sorge! Das Gute an dieser Verkaufs-Strategie ist, dass man das Zubehör-Bundle (Zoom APH1) jederzeit optional zu einem vergleichsweise günstigen Preis dazukaufen kann und dadurch sozusagen in den siebten Ausstattungs-Himmel katapultiert wird. Die etwas zweifelhaften Geschäftsstrategien manch anderer Hersteller, die Originalzubehör zu dramatisch überhöhten Preisen anbieten, hat man bei Zoom also offenbar nicht nötig. Jeder kann sich für oder gegen die Extras entscheiden, und wer nur Wert auf das Nötigste legt, spart so noch etwas Geld. Eine Fernbedienung erhält man mit dem Zubehör-Paket zwar nicht, die meisten anderen der oben genannten Accessoires sind aber enthalten. So übrigens auch ein Windschutz, den man über die Mikrofonkapseln des H1 stülpen kann. Die kleine Schwester oder Nichte braucht euch dann nicht mehr so misstrauisch anzusehen, wenn ihr euch in der Nähe ihres Hamsterkäfigs aufhaltet.
Der H1 von außen
Hiermit kommen wir zum einzigen wirklichen Minuspunkt des H1: Dem Plastik-Gehäuse des Digitalrecorders ist deutlich anzumerken, dass es sich hier um ein Gerät aus einer geringen Preisklasse handelt. Besonders solide verarbeitet wirkt der H1 leider nicht. Eine böse Zunge könnte sogar verlauten lassen, dass die Knöpfe, Schalter und Taster ein wenig an Mini-Küchenradios erinnern, die man öfters als Werbegeschenk erhält oder an einer Losbude auf dem Rummelplatz gewinnt. Das vergleichsweise geringe Gewicht von nur 85 g bestärkt den recht billigen Eindruck noch zusätzlich.

Die beiden Mikrofonkapseln an der Stirnseite sind durch ein Plastikgitter geschützt, und das ist auch gut so, denn sie lassen sich schon durch sanften Druck mit den Fingern leicht bewegen. Ohne einen solchen Schutz hätte wohl schon ein versehentliches Anrempeln oder Herunterfallen des Recorders eine umfangreiche Reparatur mit einer mindestens ebenso umfangreichen Rechnung zur Folge. Ein unumstößlicher Pluspunkt ist jedoch, dass die Kapseln in einer echten XY-Anordnung, also übereinander positioniert sind und ihr Abstand damit so gering gehalten ist, wie es nur geht. Die Folge: Egal aus welcher Richtung der Schall kommt, er wird im gleichen Moment bei den Mikrofonen eintreffen. Gegen Phasenprobleme, die mit Laufzeitunterschieden zusammenhängen, ist der H1 also so gut wie resistent.
Die Frontseite des H1 ist sehr übersichtlich gehalten. Hier befindet sich lediglich ein einzelner Taster, mit dem sich die Aufnahme aktivieren und deaktivieren lässt. Der auf dem Foto zu erkennende Plastikring, der den Record-Button umgibt, hat keinerlei Funktion und ist bloß Zierde. Auch das hintergrundbeleuchtete LCD präsentiert sich spartanisch und gibt lediglich Aufschluss über das gewählte Aufnahmeformat, den Eingangspegel und die verbleibende Aufnahmezeit und Lebensdauer der Batterie. Komplexe Menüs und Untermenüs gibt es nicht. Stattdessen finden sich auf der Rückseite drei kleine Schalter zum Aktivieren eines Low-Cut Filters und einer Auto-Level Funktion und zur Wahl des Aufnahmeformats in MP3 oder unkomprimierten WAV-Files. Da die Schalter nicht besonders fest in ihrer Position einrasten, empfiehlt es sich, die Stellung zu überprüfen, wenn der H1 längere Zeit in einer Jackentasche verbracht hat. Das mag als Nachteil empfunden werden – andererseits spart man sich durch die direkte Zugriffsmöglichkeit natürlich ein Navigieren durch die Baumstruktur eines Menüs. Ebenfalls auf der Rückseite befindet sich ein Gewinde zur Befestigung des Recorders an einem Fotostativ oder auf einer Kamera. Das Gewinde ist leider aus Plastik und demnach natürlich anfälliger als häufig verwendete Metall-Gewinde. Zum schnellen Kontrollhören einer Aufnahme gibt es einen kleinen Lautsprecher an der unteren Seite des Recorders. Die Qualität ist hier natürlich deutlichen Grenzen unterworfen. Ein guter Kopfhörer leistet zum kritischen Abhören weitaus bessere Dienste und lässt sich auf der linken Seite des H1 über eine Miniklinkenbuchse anschließen, wo passenderweise auch die Ausgangslautstärke geregelt wird.

Was die weiteren Transportfunktionen angeht, darf sich der Rechtshänderdaumen über ein Heimspiel freuen. Neben Tastern zum Starten und Stoppen der Wiedergabe und zum Steuern durch die aufgenommenen Tracks, befinden sich auf der rechten Seite des Gehäuses auch die Plus- und Minus-Taster zum Anpassen der Eingangslautstärke und ein Button zum Löschen einzelner Spuren. Insgesamt ist die Bedienung des H1 ein Kinderspiel, was natürlich auch mit der Konzentration des Recorders auf die Hauptfunktion (nämlich die Aufnahme) zu tun hat.

Weiche Schale, harter Kern – Das Innenleben des H1
Der äußere Eindruck des H1 mag etwas enttäuschend wirken, aber wir wollen noch keine voreiligen Schlüsse ziehen. Unter der Plastikoberfläche des Recorders verbergen sich einige hochwertige technische Eigenschaften. Unkomprimierte WAV-Files kann der H1 in Abtastraten von 44,1, 48 und 96 kHz aufzeichnen, jeweils in einer Wortbreite von 16 und 24 Bit. Bei der niedrigsten Einstellung bietet die 2 GB große MicroSD-Card damit Platz für Aufnahmen mit einer Dauer von gut drei Stunden. Ein wahrer Auflösungsfetischist kann bei 24 Bit/96 kHz noch Mitschnitte mit einer Länge von knapp einer Stunde auf der Karte unterbringen.
Wer Speicherplatz sparen und gleich im komprimierten MP3-Format aufnehmen will, dem bietet sich die Möglichkeit, in sage und schreibe zwölf Schritten zwischen Bitraten von sehr niedrigen 48 kbps und hochaufgelösten 320 kbps zu wählen. Bei letzterer Möglichkeit sind nur noch geringe bis keine Unterschiede zu unkomprimiertem PCM-Sound hörbar, der Platzbedarf schränkt sich trotzdem so weit ein, dass knapp 14 Stunden Audiomaterial auf dem Chip der MicroSD-Card gespeichert werden können. Mit einem schrittweisen Herunterschrauben der Bitrate lässt sich der Platzbedarf so verringern, dass bei der niedrigsten Einstellung über 93 Stunden aufgenommen werden können. Die Tonqualität wird aber vor allem unterhalb von 128 kbps deutlich leiden.
Zum Thema Batterielebensdauer lässt sich sagen, dass der H1 mit seinen knapp zehn Stunden Betriebszeit während der Aufnahme – gemessen an der Konkurrenz und auch an seinen großen Brüdern – recht weit vorne liegt. Mit nur einer einzelnen AA-Batterie hält er länger durch als manche vergleichbaren Geräte mit zwei Batterien.

Praxis

Vorbereitungen für die Aufnahme
Der H1 bietet jenseits von der Wahl des Aufnahmeformats relativ wenige Einstellungsmöglichkeiten und beschränkt sich auch in diesem Bereich auf das Wesentliche. Der Eingangspegel wird über die Plus- und Minus-Taster auf der rechten Seite des Gehäuses angepasst und bietet mit einer Auflösung von 100 Abstufungen genügend Spielraum für exakte Einstellungen. Eine Übersteuerung wird von einer roten Peak-LED signalisiert, die in diesem Fall viermal hintereinander kurz aufleuchtet. Wenn der optional erhältliche Windschutz angebracht wird, muss man sich beim Pegeln ein wenig Platz schaffen, denn dieser verdeckt die Leuchtdiode. Während der Aufnahme leuchtet die LED dauerhaft und blinkt bei einer Übersteuerung kurz auf.
Mit dem Low-Cut-Filter lassen sich tieffrequente Signalanteile abschneiden und somit Störgeräusche eliminieren. Von der Auto-Level Funktion, die man bei den meisten mobilen Digitalrecordern findet, ist vor allem beim Mitschneiden von Musik abzuraten, denn sie erzeugt zum Teil sehr unangenehme Effekte während einer Aufnahme, die mit einem natürlichen Klangbild nichts mehr zu tun haben. Wer ordentlich pegelt, hat damit kein Problem und vermisst auch keinen Limiter. Übrigens ist auch eine Möglichkeit zum setzen von Indexpunkten vorhanden. So können bereits während der Aufnahme verschiedene „Kapitel“ in einem Track gesetzt werden. Problematisch ist natürlich der dabei entstehende Körperschall am Recorder selbst.
Ein Wolf im Schafspelz – Die Aufnahmequalität des H1
In den folgenden Audios hört ihr den H1 in Aktion. Wie immer bei unseren Tests von mobilen Digitalrecordern gibt es drei Tracks: Eine Schlagzeugaufnahme in einem Proberaum, eine Aufnahme von Gesang und Gitarre, wie sie oft zum Festhalten von Songideen gemacht wird, und eine Aufnahme im Freien. Im Falle der Drums und der Außenaufnahme bietet sich ein Vergleich mit dem Olympus LS-5 besonders an, denn es handelt sich dabei um das gleiche Audio-Material. Für die Aufnahme des Songs konnte ich den Singer/Songwriter Hannes Conrads gewinnen, der so freundlich war, für den Test eines seiner Stücke einzusingen.

Audio Samples
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Drums Akustikgitarre/Stimme Atmo

Der Klang der Audios ist nicht nur für einen Recorder dieser Preisklasse überzeugend. Alle Beispiele wirken sehr ausgewogen und glänzen mit einer hervorragend realistischen Räumlichkeit, die wohl nicht zuletzt mit der echten XY-Anordnung der Mikrofonkapseln zusammenhängt. Ich muss zugeben, dass ich von einem so günstigen Recorder niemals einen so hochwertigen Sound erwartet hätte. Ein wenig Nachforschung zeigt aber: Kein Wunder! Der H1 ist tatsächlich mit den gleichen Mikrofonkapseln wie der große Bruder H4n ausgestattet, der sich seinen Ruf für einen guten Klang schon längst verdient hat. Ich bin beeindruckt!

Wenn es um den Zoom H1 geht, könnten Auge und Ohr durchaus in einen längeren Disput geraten. Die Verarbeitung des Gehäuses ist wirklich nicht perfekt geraten und der Recorder wirkt auch durch sein geringes Gewicht nicht besonders solide oder stabil. Man muss sich darauf einstellen, dass man ein Gerät erhält, das einen pfleglichen Umgang erfordert und Stürze aus der Brusttasche oder sonstige kleine Unfälle nicht immer so gut wie manch anderer mobiler Digitalrecorder überstehen wird. In Sachen Aufnahmequalität ist der H1 dagegen ein echter Knaller, der sich vor weit teureren Konkurrenten der gleichen Gattung nicht im Geringsten verstecken muss, sondern vielmehr manchen auf seinen Platz verweist. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist dabei so enorm, dass ich nur schwer widerstehen konnte, dem Recorder trotz der äußerlichen Mängel in der Verarbeitung die Höchstnote zu verpassen. Wenn der H1 einmal kaputt gehen sollte, kann man sich einen zweiten kaufen und hat im Vergleich zum Preis vieler vergleichbar gut klingender Konkurrenzprodukte noch immer Geld gespart.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • extrem geringer Preis
  • 
hervorragender Klang
  • 
echte XY-Anordnung der Mikrofonkapseln
  • einfache Bedienung

  • geringer Energieverbrauch
Contra
  • Gehäuse
Artikelbild
Zoom H1 Test
Für 99,00€ bei
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Facts
  • Größe: 13,6 x 4,4 x 3,1 cm
  • Gewicht: 85 g (inkl. Batterie)
  • Anschlüsse: Miniklinkenanschlüsse für Mic/Line-in und Kopfhörer, USB 2.0
  • Stromversorgung: 1 AA Batterie
  • Aufnahmeformate: WAV, MP3
  • Betriebsdauer während Aufnahme (WAV): 9,5 Std.
  • Speichermedium: MicroSD-Card (16 MB – 2 GB) oder MicroSDHC-Card (4 GB – 32 GB)
  • Besondere Funktionen: Indexpunkte während der Aufnahme setzen
  • Zubehör: 1 x AA Batterie, 2GB MicroSD-Card inkl. Adapter
  • Preis: EUR 117,81 (UVP)
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Profilbild von mono

mono sagt:

#1 - 28.04.2015 um 22:15 Uhr

0

Durch ein Firmware Update wird der Recorder zum Modell V2.10. Das Update fügt eine Audio-Interface Funktion hinzu! Ich benutze den Recorder schon seit Jahren für Kunstkopfaufnahmen und bin von der Unauffälligkeit und Einfachheit begeistert. Einmal hatte ich das Mikrokabel nicht richtig eingesteckt und der Recorder befand sich in der Hemdtasche – die Aufnahme mit den eingebauten Mikrofonen war brauchbar! Leider ist der Recorder sehr kratzempfindlich und will vorsichtig bedient werden. Als Transportschutz habe ich ein Brillenetui-Hardcase gefunden, was auch noch Platz für eine weitere Speicherkarte und Batterie bietet. Auch lässt sich ein the t.bone Earmic 500 - Sennheiser Miniatur Kondensator Earset verwenden. Ferner lässt sich der Recorder auch als einfacher Filmtonrecorder auf einer DSLR verwenden. Mit dem Klang bin ich sehr zufrieden, denn es ist die AudioEngine des ZOOM H4 verbaut.

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