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Neo Instruments mini Vent for Organ Test

Auf den kompakten Rotary-Bodeneffekt Neo Instruments mini Vent for Organ waren wir sehr gespannt, denn sein großer Bruder Ventilator gilt seit seinem Erscheinen als eine der besten Leslie-Simulationen. Der einzigartige Klang eines echten Leslie-Kabinetts lebt wortwörtlich von der bewegten Luft, die seine sich drehenden Rotoren erzeugen. Der großen Herausforderung, dies zu simulieren, haben sich in den vergangenen Jahrzehnten etliche Firmen gestellt, mit mehr oder minder zufrieden stellenden Resultaten.

Ein Ventilator im Mini-Format: Der Neo Instruments mini Vent for Organ
Der Neo Instruments mini Vent ist eine hervorragende Leslie-Simulation im Taschenformat


Der Ventilator der noch jungen deutschen Firma Neo Instruments erfreut sich sowohl bei Amateur- als auch Profimusikern großer Beliebtheit, weil er diese Herausforderung überzeugend meistert. Er klingt gut und bietet viele Möglichkeiten, den Sound nach eigenem Gusto zu tunen. Jetzt gibt es mit dem mini Vent eine auf Tretminen-Format verkleinerte Variante davon. Kann der Mini-Ventilator die hohen Erwartungen erfüllen?

Details

Features

Als erstes muss ich erwähnen, dass der mini Vent in zwei Versionen erhältlich ist. Einmal für die Kollegen aus der Gitarrenabteilung (hier geht’s zum bonedo-Test) und einmal für die Organisten-Fraktion. Man erkennt dies an dem Namenszusatz „for Organ“ auf dem Gehäuse. Im mini Vent arbeitet derselbe aufwändige Algorithmus zur Simulation eines 122er Leslies inklusive Röhrenverzerrung wie im Ventilator. Mit den Parametern Drive und Distance kann man den Sound bearbeiten und in insgesamt zwei Presets abspeichern, sodass man auf der Bühne quasi zwei verschiedene Leslies im direkten Zugriff hat. Dazu gibt es noch eine True-Bypass-Schaltung, die mittels einer Relaisschaltung dafür sorgt, dass das Signal verlustfrei auf die Ausgänge geschaltet wird.

Rundgang

Der kleine Kerl ist in einem stabilen, mattschwarzen Metallgehäuse mit den typischen Abmessungen eines Bodentreters untergebracht und steht rutschfest auf dem Boden. Auf der Rückseite befinden sich die drei Klinkenbuchsen für den Monoeingang und Stereoausgang sowie der Anschluss für das mitgelieferte externe Netzteil (Batteriebetrieb ist nicht möglich). Als Bedienelemente gibt es einen kleinen Plastiktaster auf der Rückseite, zwei ebenso stabile und – glücklicherweise – „knackfreie“ Metall-Fußtaster auf der Oberseite und drei LEDs zur optischen Unterstützung. Alles in allem also sehr überschaubar.

Fotostrecke: 3 Bilder Der kompakte mini Vent kommt im typischen Bodentreter-Format

Grundfunktionen

Die Basisfunktionen zur Steuerung des Rotoreffektes regelt man mit den beiden Fußtastern. Der rechte schaltet die Geschwindigkeit von Slow auf Fast und zurück, während der linke den Effekt komplett ausschaltet (Bypass). Tritt man beide Taster gleichzeitig, so aktiviert man den STOP Mode, bei dem beide virtuelle Rotoren zum Stillstand kommen. Optisch wird das sehr schön von den drei LEDs angezeigt. Die Bypass-LED leuchtet, wenn der Effekt des mini Vent ausgeschaltet ist. Die beiden übrigen LEDs zeigen die aktuelle Drehgeschwindigkeit des Bassrotors (Lo) und des Hornrotors (Hi) an. Langsames Blinken bedeutet SLOW, schnelles Blinken bedeutet FAST. Leuchten beide, so befindet sich der mini Vent im Stop-Mode.
Mit dem kleinen Taster auf der Rückseite werden die Settings A oder B aufgerufen. Gerade weil sich dieser Taster auf der Rückseite befindet und der mini Vent wohl meist auf dem Boden stehen wird, kann man optisch leider nicht erkennen, welches Setting gerade aktiv ist. Eine zusätzliche LED würde hier Abhilfe schaffen.

Fotostrecke: 3 Bilder Die beiden Fußtaster steuern den True Bypass und die Leslie-Geschwindigkeit

Zusätzliches

Da der Overdrive-Effekt des mini Vent abhängig von der Lautstärke der angeschlossenen Orgel reagiert, ist es notwendig, den mini Vent an die Stärke des Eingangssignals anzupassen. Dafür ist der mini Vent mit einem einfachen Vorverstärker namens Input Gain Select ausgestattet. Zur Verfügung stehen die beiden Einstellungen Lo und Hi, die man mittels eines Jumpers auf der Platine im Gehäuseinneren vornimmt. Ein tolles Feature, aber ein zusätzlicher Schalter, wie man ihn z.B. von mobilen Aufnahmegeräten kennt, wäre wesentlich ergonomischer gewesen.
Wie der Name des Probanden schon erahnen lässt, ist die Funktionsvielfalt des mini Vent recht überschaubar, was ja kein Manko sein muss, wenn denn der Sound stimmt. Mal sehen, wie sich der Kleine in der Praxis schlägt.

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Praxis

Sound

Als Testorgel habe ich dem mini Vent eine frisch restaurierte Hammond A100, Baujahr 1961, vorgesetzt, die normalerweise über ein 122er und ein 147er Röhren-Leslie gespielt wird. Abgehört wird das Ganze über Kopfhörer, Studio-Nahfeldmonitore und eine mittlere Gesangsanlage. Nach dem Anschließen fällt sofort auf, dass der Kleine wie sein großes Vorbild nicht stumm ist, sondern das Drehgeräusch der Rotoren auch dann produziert, wenn man nicht spielt. Ein sanftes, angenehmes Rauschen wandert von links nach rechts. Da kommt sofort Leslie Feeling auf, sogar mit Kopfhörer! Hier wurde sehr detailgetreu gearbeitet.
Hören wir uns zunächst die Werkseinstellung der beiden Settings an. Setting A hat mit mittleren Werten für Drive und Distance einen weichen, jazzigen Klang, während Setting B mit viel Drive und höherem Mikrofonabstand sehr rockig klingt.

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Factory Preset A Factory Preset B

Der Grundsound des mini Vent fällt sofort äußerst angenehm ins Ohr: Er ist sehr voll, rund, weich und warm. Im STOP-Mode bleiben beide Rotoren immer nach vorne gerichtet stehen. Drehen sich die Rotoren langsam, produziert er einen extrem breiten und schwebenden Effekt. Beschleunigt er auf FAST, beginnt der Sound angenehm zu flattern ohne irgendwie künstlich zu klingen oder zu „eiern“. Genau so soll es sein. Bravo! 

Audio Samples
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Stop-Slow-Fast

EDIT-Mode

Um die beiden Settings A und B in den Parametern „Drive Intensity“ und „Distance“ zu editieren, muss man sich in den EDIT-Mode begeben. Dazu hält man beim Einschalten den Slow/Fast-Taster drei Sekunden lang gedrückt. Danach kann man die beiden Parameter mit den beiden Fußtastern verändern. Durch wiederholtes Drücken des Bypass-Tasters steppt man durch die Werte für den Drive-Parameter. Analog funktioniert dies mit dem Slow/Fast-Taster für die Distance-Werte. Dabei zeigen die Lo/Hi-LEDs an, welcher Parameter gerade editiert wird. Den eingestellten Wert erkennt man am Blinken der Parameter-LEDs: Je höher der Wert ist, desto schneller blinkt die LED. Der Höchstwert wird durch Leuchten der jeweiligen LED signalisiert. Sehr angenehm ist, dass man durch Drücken auf den A/B-Taster während des Editierens zwischen den Settings hin- und herschalten kann, ohne dass dabei die bereits vorgenommenen Einstellungen verloren gehen. Sind alle Parameter-Einstellungen angepasst, drückt man beide Taster gleichzeitig für zwei Sekunden. Der mini Vent speichert die Settings und kehrt zurück in den Play Mode.
Leider gibt es für den Edit-Mode und seine Parameter keine Beschriftung auf dem Gehäuse, sodass ein Blick in die Anleitung anfangs unumgänglich ist. Auch gibt es keine separate optische Anzeige für den Edit-Mode, den man nur daran erkennt, dass sich das Blinken der Lo/Hi-LEDs verändert. Da muss man schon genau hinschauen. Außerdem lässt sich der Effekt nur im Slow-Mode bearbeiten, da ja der Slow/Fast-Taster im Edit-Mode für den Distance-Parameter zuständig ist. Will ich die vorgenommenen Einstellungen in der Stellung FAST anspielen und testen, muss ich die Einstellungen erst speichern und den Edit-Mode verlassen, also beide Taster zwei Sekunden lang gedrückt halten. Gefällt mir nicht? Also zurück in den Edit-Mode. Das bedeutet: Netzstecker ziehen, Slow/Fast-Taster gedrückt halten, Netzstecker einstecken, drei Sekunden warten, Einstellungen verändern, speichern, anspielen und so weiter. „Mal eben schnell“ ist anders.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Parameter “Drive” und “Distance” werden im Edit-Mode eingestellt

Drive / Distance

Ungeachtet dieser etwas umständlichen Bedienung haben es die beiden im Edit-Mode veränderbaren Parameter soundmäßig in sich. Die Verzerrung – eine empfindliche Schwachstelle vieler anderer Leslie-Simulationen – ist beim mini Vent von hoher Qualität und verhält sich wie eine echte Röhrenverzerrung. Sie spricht nur bei entsprechend hohem Output der angeschlossenen Orgel an. Mittels des Input Gain Selectors kann man das Eingangssignal zwar grob justieren, jedoch hätte ich mir eine feinere Gain-Regelung mittels eines Potis gewünscht. Der Effekt produziert schöne harmonische Verzerrungen und hat den nötigen Biss in den hohen Lagen. Dabei klingt er kaum kratzig. Die 5-stufige Werterasterung ist so abgestimmt, dass sie von clean über angezerrt bis zur Rockröhre alle Soundfacetten ausreichend abdecken kann. 

Audio Samples
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Drive 1-5

Der Distance-Parameter regelt den Abstand der virtuellen Mikrofone vom simulierten Leslie und damit gleichzeitig auch die Intensität des Effekts. Ist der Wert am niedrigsten – stehen die Mikrofone also dicht an den Rotoren – dann klingt der Effekt wegen des stärkeren Stereoeindrucks am intensivsten. Der Sound gleitet im Stereopanorama sehr schön und deutlich von links nach rechts. Auf FAST entsteht so ein warmes Wabern. Je höher hingegen der Wert eingestellt wird, je größer der Abstand der Mikrofone zu den Rotoren also ist, desto unauffälliger ist der Effekt im Stereopanorama und wird daher weniger deutlich wahrgenommen. Jedoch ohne die angenehmen Schwebungen zu verlieren. Schlau gelöst!

Audio Samples
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Distance 1-5

Noch ein paar Worte zu den anderen üblicherweise einstellbaren Parametern des Rotoreffekts: Im Gegensatz zu anderen Rotorkabinett-Simulationen lassen sich beim mini Vent weder die Drehgeschwindigkeiten noch die Anlauf- und Abbremszeiten oder die Balance der beiden Rotoren verändern. Ein echter Nachteil ist das für mich nicht, da ich diese Dinge bei einem originalen Leslie auch nur eingeschränkt beeinflussen kann. Alle Geschwindigkeiten und Zeiten liegen im mittleren Bereich und sind vollständig praxistauglich. Natürlich ist es überflüssig zu erwähnen, dass diese für Bass- und Hornrotor dem Original entsprechend unterschiedlich sind. Die Balance zwischen Horn- und Bassrotor ist ebenfalls sehr ausgewogen. Bei Neo Instruments hat man bezüglich dieser Parameter also ein gutes Gespür bewiesen und eine praxisnahe Wahl getroffen. Anspruchsvolle Nutzer, die das alles im Detail einstellen möchten, haben zudem die Möglichkeit, auf den „großen“ Ventilator zurückzugreifen.

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Laufzeiten Custom-Einstellungen
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Fazit

Der Neo Instruments mini Vent ist ein handliches Bodeneffektgerät mit einer sehr guten Simulation eines Rotorkabinetts. Die Soundqualität ist für ein virtuelles Leslie hervorragend, denn es kommt der gleiche Algorithmus wie beim bewährten Ventilator zum Einsatz. Dank der zwei speicherbaren Presets hat man quasi zwei verschiedene Leslies auf der Bühne. Die Einstellmöglichkeiten sind zwar begrenzt, aber äußerst praxistauglich gewählt – wie bei einem echten Leslie ja auch. Allerdings könnte die Bedienung im Edit-Mode etwas komfortabler sein. So wendet sich der mini Vent an Musiker, die sich nicht so sehr auf die Technik, sondern auf das Spielen konzentrieren möchten. Wer mehr Detailzugriff benötigt, kann ja zum nur rund hundert Euro teureren Ventilator greifen, und im Vergleich der beiden erscheint der Preis des mini Vent dann auch fast etwas zu hoch. Klanglich gehört er aber zusammen mit seinem großen Bruder definitiv zu den besten Rotary Simulationen, die es zur Zeit gibt. Mich hat er mit seiner Einfachheit als Fan dazu gewonnen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • hervorragender, detailreicher Sound
  • sehr guter Overdrive-Effekt
  • 2 speicherbare Settings
  • einfaches, übersichtliches Konzept
  • praxistaugliche Auswahl an Parametern
Contra
  • etwas umständliche Bedienung des Edit-Modes
  • recht hoher Preis
Artikelbild
Neo Instruments mini Vent for Organ Test
Für 279,00€ bei
Der Neo Instruments mini Vent ist eine hervorragende Leslie-Simulation im Taschenformat
Der Neo Instruments mini Vent ist eine hervorragende Leslie-Simulation im Taschenformat
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